Ehrenkodex für die EU-Kommission

EU-Kommissare müssen sich verpflichten, künftig auf Wunsch Prodis zurückzutreten. Eine Ethikkommission soll neuen Fall Bangemann verhindern  ■   Aus Brüssel Daniela Weingärtner

Mit einem neuen Ehrenkodex für die 20 Mitglieder der EU-Kommission will ihr neuer Präsident Romano Prodi das ramponierte Ansehen der europäischen Exekutive wieder aufpolieren. Beim ersten noch informellen Treffen Prodis mit den 14 Kommissaren und den fünf Kommissarinnen am Samstag in Aartselaar bei Antwerpen wurden die neuen Verhaltensregeln beschlossen. Damit will Prodi dafür sorgen, daß die Arbeit seiner Kommission in der Öffentlichkeit besser verstanden wird, die Kommissare ihre Aufgaben immer im Griff haben und daß sie mehr politische Verantwortung verspüren als ihre Vorgänger. Transparenz, Effizienz und Verantwortung sind nach den Worten Prodis die Zutaten für den Geist von Aartselaar, der die künftige Arbeit der Kommission beflügeln soll. In Kraft tritt er aber erst nach der Bestätigung der Kommission durch das Parlament. In Aartselaar wurden die Verhaltensregeln nur vorläufig formuliert.

Kern des Kodex ist die Bereitschaft aller Kommissionsmitglieder auf Verlangen des Präsidenten zurückzutreten. Diese Zusage hatte Prodi jedem einzelnen Kandidaten abgenommen, bevor er dem Parlament vorgeschlagen wurde. Fälle wie der der französischen Kommissarin Edith Cresson, die durch ihre Weigerung zurückzutreten, die gesamte Kommission von Jacques Santer zu Fall brachte, sollen sich nicht wiederholen.

Das zweite schwarze Schaf der scheidenden Kommission, Martin Bangemann, war noch vor dem Ende seiner Brüsseler Amtszeit zur spanischen Telefonica gewechselt. Dagegen hat die EU jetzt Klage vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht. Damit das in Zukunft nicht mehr nötig ist, wird eine Ethik-Kommission gebildet, die jeden Kommissar bis zu einem Jahr nach dem Ausscheiden aus seinem Amt beobachtet. Falls dieser einen mit Interessenkonflikten behafteten Job annehmen will, kann die Ethik-Kommission einschreiten und das verhindern. Auf den Fall Bangemann geht auch die Vorschrift im Ehrenkodex zurück, daß bei den wöchentlichen Sitzungen der Kommission in Zukunft Anwesenheitspflicht herrscht.

Noch bevor sie ihr Amt antreten, müssen die Kommissare Auskunft über ihre gegenwärtigen und früheren Tätigkeiten geben. Ihr Vermögen und die beruflichen Interessen ihrer Ehepartner werden offengelegt. Öffentliche Ämter dürfen Kommissare oder Kommissarinnen gar nicht, Ehrenämter nur dann bekleiden, wenn keine Interessenkonflikte mit dem Job in Brüssel absehbar sind. Selbst Nebentätigkeiten wie das Schreiben von Zeitungskolummnen sind unter Prodi tabu.

Den Behördenfilz nimmt der Italiener ebenfalls ins Visier. Bei der Besetzung wichtiger Posten will er externe Experten einschalten. Und die Mitarbeiterstäbe der Kommissare sollen national besser durchmischt werden als bisher. Seine maximal sechs leitenden Mitarbeiter muß jeder Kommissar aus mindestens drei verschiedenen Nationen rekrutieren, damit frischer Wind durch die nationalen Erbhöfe weht.