Fremde Kacheln

■ Galerie in der U-Bahn: Fotos von Fliesen der Londoner Underground plakatiert

Die Londoner U-Bahn kam nach Berlin, nämlich in Form einer Kunstaktion, die die Berliner Künstlerin Franziska Frey vom 25. Juni bis 15. Juli unter dem Titel „Underground“ veranstaltet hat.

Eigentlich hatte die Absolventin der Kunsthochschule Weißensee die Fotos zunächst nur für private Zwecke geschossen, 36mal schlichte Fliesen aus der Londoner U-Bahn. Die Fotos hat sie wie auf einem Indexprint in der Reihenfolge zusammenmontiert, in der sie geschossen wurden, auf selbstklebende Folie im A1-Format gedruckt und sich mit ihrer Idee an die BVG gewandt. „Großstädte“, so die Künstlerin über den Hintergrund der Aktion, „funktionieren sehr ähnlich. Wenn man als Berliner nach London fährt, muß man sich gar nicht umgewöhnen, weil man einfach dieselben Vernetzungen vorfindet.“ Zum Beispiel die U-Bahn.

Finanzielle Unterstützung konnte die BVG zwar nicht gewähren, aber wenn sie von irgend etwas genug hat, dann sind es Kacheln. Die hat sie – das ist alles andere als selbstverständlich – als Ausstellungfläche zur Verfügung gestellt, damit sich „die architektonische Struktur der Londoner Muster in der neuen räumlichen Umgebung fortsetzen kann“. So geschehen in 36 U-Bahnhöfen, unter anderem am Alexanderplatz, am Frankfurter Tor, am Fehrbelliner- und am Hermannplatz.

An einigen Standorten mußte Frey mehrmals nachplakatieren. Passanten hatten sich offenbar gleich das komplette Poster von der Wand geknibbelt, um es zu Hause (vielleicht im Badezimmer?) aufzuhängen. Anfangs hatte Frey befürchtet, daß die BVG selbst mit dem Plakatschwund zu tun haben könnte: „Die Reinigungsfirmen wußten zunächst nichts von der Aktion, es hat drei Tage gedauert, bis alle informiert waren.“

Auch nachdem die Aktion nun beendet ist, soll die Idee nach dem Willen der Künstlerin weiterleben: „Ich möchte das Plakat in Museumsshops verkaufen – mit der Bitte an den Käufer, es in anderen U-Bahnen, in Paris oder Moskau zum Beispiel, aufzuhängen.“ Wenn die Reinigungsdienste in Paris, Moskau oder Stuttgart das mitmachen, eine schöne Fortsetzung der Idee. Wenn dort hingegen die Plakate genauso verschwinden wie in Berlin (und bei der Ähnlichkeit der Städte ist das nicht auszuschließen), müßte entsprechend nachgeklebt werden. Martin Kaluza