Trauer und Feiern zur Teilung von Zypern

■ 25 Jahre nach der türkischen Invasion wächst die Kritik an der Republik Zypern

Berlin (taz) – Zum 25. Jahrestag der Invasion türkischer Truppen auf Zypern haben beide Seiten rituell ihre unüberbrückbaren Standpunkte wiederholt: Der Präsident der Republik Zypern, Glavcos Clerides, verlangte die Wiedervereinigung Zyperns und die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats von Insel-Griechen und Türken. Rauf Denktasch, Chef der international geächteten „Türkischen Republik Nordzypern“, pries dagegen den Einmarsch von 1974. Er will höchstens über einen losen Staatenbund verhandeln, und auch das nur nach Anerkennung seines Separatstaates. „Zyprioten, so nennen wir nur unsere Esel“, so lehnt er jüngst jegliche Vorstellung von einem gemeinsamen Volk in einem gemeinsamen Staat ab.

Die Insel-Griechen erinnerten gestern früh mit Sirenengeheul an den Beginn der Militäroperation, die die bis heute andauernde Besetzung Nordzyperns einleitete und zur Vertreibung von mehr als 200.000 Menschen führte. Auf Messen wurde der Toten und Vermißten gedacht. In Nord-Nikosia ließ sich unterdessen der Architekt der türkischen Invasion und damalige wie heutige türkische Premier Bülent Ecevit als Befreier der Zyperntürken feiern.

Die griechischen Zyprioten, die zur Lösung des Konflikts eine EU-Mitgliedschaft vorantreiben, stoßen mit ihrer Position zunehmend auf Kritik. Zwar entspricht ihre Forderung nach einer föderalen Lösung den bestehenden UN-Resolutionen. Allerdings ist angesichts der kompromißlosen Haltung der Türkei kaum zu erwarten, daß sich diese auch umsetzen lassen. „Immer die eigene Position zu wiederholen, daß ich im Recht und die andere Seite im Unrecht ist, mag Ihnen ein gutes Gefühl geben. Aber es bringt Sie nicht weiter“, kritisierte der deutsche EU-Beauftragte für Zypern, Graf Detlef zu Rantzau, im Frühjahr die fehlende Flexibilität der Zyperngriechen.

Ökonomisch wäre die EU-Integration problemlos möglich, doch in der EU wachsen die politischen Zweifel, die Republik Zypern gegen den heftigen Widerstand Ankaras aufzunehmen. Die türkische Filiale in Nordzypern boykottiert die EU-Verhandlungen, obwohl das verarmte Land von den Strukturhilfen aus Brüssel stark profitieren könnte. Die wenigen Begegnungen zwischen Zyperngriechen und -türken auf neutralem Grund sind von Denktasch nach Aufnahme der EU-Gespräche fast ohne Ausnahme verboten worden.

„Europa kann Zypern nicht bestrafen, nur weil ein Teil des Landes besetzt ist“, erklärt Vassos Lyssarides, Chef der sozialdemokratisch orientierten EDEK-Partei. Alle politischen Kräfte, von rechts bis links, beschwören die Solidarität Europas: „Wir haben euch das Christentum gebracht. Jetzt müßt ihr uns helfen“, bittet der konservative Erzbischof. Griechenland droht unterdessen, man werde die EU-Osterweiterung mit einem Veto verhindern, sollte Zypern nicht aufgenommen werden.

Auf Zustimmung, aber auch Skepsis stieß die Zypern-Initiative der G-8-Staaten auf dem Kölner Gipfel, die alle Seiten zu einer Lösung des Konflikts aufruft. Einige Politiker in der Republik Zypern befürchten, daß nicht länger die UN-Resolutionen Grundlage für einen Kompromiß werden könnten, sondern eine Lösung angestrebt wird, die der Türkei mehr entgegenkäme – etwa ein lockerer Staatenbund. Daß das Wünschbare nicht immer das Machbare ist, haben die Politiker den Menschen in 25 Jahren Teilung nicht erklärt. Dementsprechend käme die Zustimmung zu einer Konföderation blankem Verrat gleich. Doch die G-8-Initiative könnte Bewegung in die festgefahrenen Fronten bringen, an denen bisher noch jeder Diplomat gescheitert ist. Im Herbst, so die Hoffnung, könnten neue Verhandlungen beginnen. Klaus Hillenbrand