■ Cash & Crash
: Tierische Geldanlage

Nürnberg (taz) – Auch 1998 ließ Yan-Yan, der weibliche Panda, keine Brunftzeichen erkennen. Selbst künstliche Besamung führte nicht zum erhofften Nachwuchs. Und der asiatische Elefant Mampe ist völlig unerwartet an einer Infektion mit Herpesviren gestorben.

Tierparkfreunde in Berlin konnten diese News der Boulevardpresse entnehmen, die Eigentümer des Berliner Zoos hingegen fanden die Meldungen sogar im Geschäftsbericht des Zoologischen Gartens Berlin. Denn der Tierpark, 1841 als „Actienverein“ gegründet, nimmt selbstverständlich im Jahresbericht zur Entwicklung des Anlagevermögens genau Stellung. Und noch nie zuvor in der mehr als 150jährigen Geschichte kletterte der Kurs der Aktie des Berliner Zoos so kräftig wie in diesem Jahr. Tierfreunde unter den Geldanlegern müssen fast 10.000 Euro für einen Anteilsschein auf den Tisch legen. Doch sonderlich rege wird die Aktie nicht gehandelt. Und das verhindert nicht nur der hohe Kurs. „Wer die Zoo-Aktien hat, der gibt sie nicht gerne her“, behaupten Analysten von Berliner Banken und berichten, daß die Anteile am Berliner Zoo eher vererbt als verscherbelt werden. Als Bilanzsumme weist der Tiergarten der Hauptstadt rund zehn Millionen Mark aus, mehr als die Hälfte davon in Grundstükken und Gebäuden. Das lebende Inventar, zu dem Zootiere aller Art gehören, soll einen Handelswert von 3,5 Millionen Mark haben, aber Zoodirektor Hans Frädrich hält diese Zahl für „etwas untertrieben“.

Kleiner Schönheitsfehler der Aktie: Gewinn erwirtschaftet das Unternehmen nicht, auch wenn sich die Zoodirektion ständig was Neues einfallen läßt. Ob die Vermietung des neuen Flußpferd-Hauses oder des Aquariums für Candle-light-Dinner oder Patenschaften Berliner Tierfreunde – unter dem Strich bleibt Jahr für Jahr ein millionenschwerer Verlust, der vom Land getragen wird: 1998 alleine acht Millionen Mark. Für die Aktionäre bleibt keine müde Mark übrig, doch die meisten sind zufrieden mit der persönlichen Jahreskarte im Wert von immerhin 120 Mark.

So halten echte Zoo-Fans weiter zu ihrem tierischen Investment – freier Eintritt als Shareholder-value reicht ihnen aus. Und der Tierpark kann weiter auf den Trend setzen, immer mehr seltene und bedrohte Tiere zu kaufen oder zu züchten. Dabei würden richtigen Börsianer ja ohnehin schon zwei Viecher reichen: Bullen und Bären.

Horst Peter Wickel