Der Nestbeschmutzer aus dem Fernen Osten überraschend frei

■ Der russische Militärjournalist Grigorij Pasko wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er auf radioaktive Verseuchung durch die Marine hinwies

Berlin/Moskau (taz/epd/dpa) – Der russische Militärjournalist Grigorij Pasko wurde gestern nach einem halbjährigen Spionageprozeß zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Militärgericht der Pazifikflotte in Wladiwostok befand Pasko russischen Fernsehberichten zufolge lediglich des Amtsmißbrauchs für schuldig, während die Anklage auf Spionage und Landesverrat lautete.

Der Staatsanwalt hatte zwölf Jahre Haft gefordert. Aufgrund einer von der Staatsduma in diesem Jahr beschlossenen Amnestie konnte der Angeklagte das Gericht nach dem Ende des Prozesses als freier Mann verlassen: Er hatte mehr als ein Drittel der Strafe bereits in Untersuchungshaft verbringen müssen.

Die Militärstaatsanwaltschaft hatte den Redakteur der Flottenzeitung Bojewaja Wachta (Kampfbereitschaft) beschuldigt, insgesamt zwölf geheime Dokumente über die Kampfstärke der Pazifikflotte an japanische Journalisten übergeben zu haben.

Pasko wies diese Vorwürfe zurück und erklärte sich in seinem Schlußwort am Freitag erneut für nicht schuldig. Er habe den japanischen Journalisten lediglich Informationen über den Zustand einer Reihe von ökologisch gefährlichen Objekten der Pazifikflotte übermittelt. Die angeblich geheimen Dokumente enthielten Angaben über radioaktive und chemische Verschmutzung des Pazifischen Ozeans durch die russische Pazifikflotte.

In seiner Urteilsbegründung warf das Gericht dem Inlandsgeheimdienst FSB vor, belastendes Schriftmaterial gefälscht zu haben. Die Anklage habe keine Beweise vorlegen können, daß Pasko tatsächlich Staatsgeheimnisse verraten habe.

Der Kapitän a.D. hatte 1993 gefilmt, wie ein Schiff der Pazifikflotte Atommüll im Japanischen Meer verklappte, und die Bilder im selben Jahr an den japanischen Sender NHK verkauft. Erst im November 1997 war er bei der Rückkehr von einer Dienstreise nach Japan verhaftet worden. Die Bilder von 1993 hatten Rußland indirekt jedoch sogar geholfen: Japan hatte daraufhin sogar Geld für russische Atomanlagen zur Verfügung gestellt.

Es wird trotzdem erwartet, daß die Militärstaatsanwaltschaft das Urteil vor dem Obersten Gericht in Moskau anfechten wird – schließlich sollte an Grigorij Pasko ein Exempel statuiert werden: Fakten sollen allerdings erst veröffentlicht werden, wenn der Geheimdienst sie offiziell freigegeben hat, und nicht einen Tag vorher. rem