Kleine Welt im weiten Raum

■ Kosmisches Klassentreffen: Das Metropolis zeigt den ganzen Kino-Katalog von Star Trek

Trekkies lieben den Kosmos im Kosmos. So wie sich Freizeit-Kicker voller Tatendrang die Trikots ihrer Lieblingsvereine überstreifen, um ersatzweise im Park um die Ecke für Rasen-Furore zu sorgen, schlüpft der gemeine Star-Trek-Fan, kurz Trekkie, von Zeit zu Zeit in ein einfarbiges und extrem enganliegendes Pyjama-Leibchen und macht einen auf Captain Kirk. Zur Begrüßung wird kurz mit der rechten Hand in Richtung linke Brustwarze gestupst und ein souveränes „Beam me up, Scottie!“ in den Raum salutiert.

Genug Zeit und Raum für diese Weltall-Maskerade in Polyester bieten die internationalen Tauschbörsen, Supermessen und Enterprise-Events, auf denen sich dann Liebhaber aller Klassen ungeniert darüber auslassen können, warum sie just in diesem Moment am liebsten „Uhura“ oder „Chekov“ mit Nachnamen hießen. Schöne, kleine Welt im weiten Raum.

Dieses Wochenende ist die Hamburger Innenstadt fällig und wird für zwei Tage zur interplanetarischen Meet-and-Greet-Basis erklärt: Das Metropolis zeigt alle neun Kino-Abenteuer der Weltraum-Missionare, vom ersten Leinwand-Gehversuch Star Trek – der Film, das 1979 abgedreht wurde, bis hin zum stilistischen Rückbesinnungswerk Insurrection aus dem letzten Jahr. Erste, zweite und dritte Generation laden ein zum kosmischen Klassentreffen und bestechen dabei durch einen ausgeprägten Sinn fürs Gediegene. Angesichts der Star-Wars-Hysterie eiert die zur Lakonie tendierende Sprach- und Zeichenwelt von Kirk, Spock und Sulu im Rhythmus eines Liederabends. Wo Luke Skywalker & Co. sich wie eine hypesphärische Ersatzreligion in bombastische Posen schmeißen, setzen Kirk und Nachfolge-Kommandant Picard auf die Faszination von Freigeist und Häuslichkeit.

Als Lindenstraße unter den Science-Fiction-Serien erfassen und erkunden die Monitore und Wertvorstellungen sämtlicher En-terprise-Mannschaften die vor ihnen liegenden Galaxien gleichermaßen als sebstverständliches Nebeneinander verschiedener Lebensformen. Was bleibt, ist die Frage nach gut und böse, Sein und Sinn. Ein Phänomen, das sich auch auf die interne Struktur der Raumschiff-Crew übertragen hat. Die Enterprise kannte weder in den drei Jahren und 80 Folgen ihres TV-Daseins von 1966 bis 69 noch in den nachfolgenden Generationen irgendwelche Berührungsängste hinsichtlich Herkunft oder Geschlecht. Sicherheitsoffizier Pavel Andreivich Chekov kam aus Rußland, der Japaner Hikaru Sulu war als Flugoffizier unter Vertrag, und die schwarze Nyota Uhura ist als der wahrscheinlich erste weibliche Kommunikationsoffizier in die amerikanische Fernsehgeschichte eingegangen. Ganz zu schweigen vom Exoten Commander Spock vom Planeten Vulkan.

Und dann ist da noch dieser seltsam asketische Männerbund, dem unterschiedliche Untersuchungen schon latent homophile Tendenzen nachgewiesen haben. Und wenn schon: Kirk & Co. würden sich in bester Gesellschaft befinden. Strotzt die Sesamstraßen-WG von Ernie und Bert geradezu vor eheähnlichen Szenarien, soll britischen Studien zufolge auch der grüne Volksheld Englands, Robin Hood, eigentlich ja als mittelalterlicher Retter von Witwen und Waisen in die Sagenwelt eingegangen, ungeahnt zärtliche Gefühle für seinen hühnenhaften Mitstreiter Little John gehegt haben. Die Menschen auf der Enterprise hätten für solche Fragen nie wirklich Zeit gehabt, denn was wiegt schon ein wenig Gleichgeschlechtlichkeit gegen die Weiten des Alls?

Oliver Rohlf

Folge I bis III: Fr, 23. Juli, ab 19 Uhr. Folge IV bis IX: Sa, ab 11 Uhr. Am Sonntag, dem 25. Juli werden ab 11 Uhr die aus den verschiedenen Folgen ermittelten Wunschfilme gezeigt.