Augen-Notdienst in Not?

■ Zur Jahrhundert-Sonnenfinsternis haben Bremens Augenärzte frei / Nur zwei von ihnen haben regulär Notdienst / Dabei drohen ohne Schutzbrille Erblindungen

Mittwoch nachmittags machen die Arztpraxen dicht. Das ist bekannt. Und daran kann selbst eine Sonnenfinsternis nichts ändern: Wie immer werden in Bremen und Bremen-Nord zwei Augenärzte Notdienst haben. Am 11. August kann das allerdings brenzlig werden, vermutet Christoph Meitinger. Denn „die Leute werden auch ohne Schutzbrille nach oben gucken“, glaubt der Bremer Augenarzt. Mit schlimmen Folgen: Verbrennungen an der Netzhaut, sogar Erblindung.

Ganz klar war Meitinger bislang nicht, daß sein Notdienst mit der Sonnenfinsternis zusammenfällt. Auch in der augenärztlichen Ambulanz des Krankenhauses Sankt-Jürgen-Strasse wußte man bisher nichts über das bevorstehende Spektakel: „Da hat hier noch keiner dran gedacht“, hieß es. Anfang nächster Woche will sich jetzt aber die Direktion über mögliche Vorsichtsmaßnahmen beraten.

Zwar gibt es in allen Fachgeschäften Spezialbrillen. Trotzdem, glaubt Meitinger, „hat sich das überhaupt noch nicht rumgesprochen“. Die bisherigen Informationen darüber seien „lächerlich“ gering. Das sieht die Kassenärztliche Vereinigung anders: „Die Brillen sind überall zu kriegen. Und wer das nicht macht, ist selber schuld.“

Der Mediziner Meitinger sorgt sich keinesfalls um Peanuts: Zwar sei das Auge schmerzunempfindlich gegen die Sonnenstrahlen. Dennoch können diese „schwerste Verbrennungen“ auf der Netzhaut hinterlassen. Im Zentrum des schärfsten Sehens kann das zur völligen Erblindung führen. Viel machen könne man im Notfall allerdings nicht, schränkt Meitinger ein: „Die Möglichkeiten der Erstversorgung sind begrenzt.“ Denn Sehzellen, „die einmal verbrannt sind, lassen sich nicht wiederherstellen“. Mit Tropfen, Laser und Kältebehandlungen könne man lediglich „Schlimmeres“ wie Narben und Wucherungen verhindern.

Bei der partiellen Finsternis wagt so mancher möglicherweise auch ohne Schutzbrille einen längeren Blick in die Sonne, fürchtet Meitinger. Bei klarem Wetter reichten dann schon „Bruchteile von Sekunden“ für schwere Verbrennungen, erklärt Dr. Kilp vom Sankt-Josefs-Stift. Die Sehkraft könne bereits nach einer Viertelstunde nachlassen. Statt der üblichen Schärfe „sieht man dann nur noch verschwommen oder einen schwarzen Fleck“.

Meitinger rechnet deshalb mit einem „Riesenschlag an Patienten“ und dementsprechenden Wartezeiten. Er stellt sich schon jetzt auf einen langen Arbeitstag ein. Kollegin Zechel, die in Bremen-Nord Notdienst haben wird, teilt diese Bedenken nicht. „Jeder halbwegs normale Mensch wird nicht ohne Schutzbrille in die Sonne gucken.“

Trotz Notdienst will sich aber auch Meitinger die Sonnenfinsternis nicht entgehen lassen: „Mit Schutzbrille und Handy in der Hand“ wird er auf die Straße gehen. Für den Notfall. pipe