Ein großer Tag für das Baskenland

Die Führung der Herri Batasuna wurde gestern morgen nach 20 Monaten Haft auf freien Fuß gesetzt. Verurteilt worden war sie zu sieben Jahren Haft  ■   Aus Madrid Reiner Wandler

Baskische Tänze und knallende Sektkorken. Über 2.000 Anhänger der linksnationalistischen Herri Batasuna (HB) empfingen gestern in den frühen Morgenstunden ihre ehemaligen Parteiführer. Die 22 Inhaftierten waren gestern nach 20 Monaten Haft auf freien Fuß gesetzt worden, nachdem das spanische Verfassungsgericht ein im Dezember 1997 gefälltes Urteil des Obersten Gerichtshofes für ungültig erklärte. Der gesamte 23köpfige HB-Vorstand war damals wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Die Chefs der Linksnationalisten wollten bei den Wahlen 1996 statt eines Werbespots ein Video ausstrahlen lassen, auf dem drei Vermummte der baskischen Separatistengruppe ETA der Regierung ein Friedensangebot unterbreiteten. Einer der Verurteilten war bereits vor einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen worden.

Das Verfassungsgericht entschied jetzt mit acht gegen vier Stimmen, daß der Tatbestand kein Urteil wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ rechtfertige, da die Ausstrahlung eines Videos nicht als Beitrag zur Vorbereitung von Gewalttaten gewertet werden könne. Die HBler seien also in ihren Grundrechten beeinträchtigt worden. Der entsprechende Artikel im Strafgesetzbuch soll überprüft und notfalls abgeändert werden. Es sei nicht verfassungskonform, daß dort für die verschiedenen Unterstützungsdelikte keine unterschiedlichen Strafmaße festgelegt seien. Eine Reform des Paragraphen wiederum könnte Auswirkungen auf über 200 rechtskräftig verurteilte „Unterstützer“ von ETA haben. Angesichts der politischen Brisanz des Themas hatten die Richter die Entscheidung mehrmals vertagt.

„Ein großer Tag für die baskische Gesellschaft“, feierte der Sprecher des neuen HB-Vorstandes, Joseba Permach, die Entscheidung des Verfassungsgerichtes. Die Freilassung der 22 sei ein wichtiger Schritt, um den Friedensprozeß im Baskenland zu stärken. ETA hält seit September letzten Jahres einen unbefristeten Waffenstillstand ein. Eine Entscheidung, die die Annäherung aller nationalistischen Kräften im rebellischen Norden ermöglichte.

„Der Spruch des Verfassungsgerichtes beweist, daß das Urteil politisch motiviert war“, erklärte der Sprecher der im Baskenland regierenden gemäßigten Baskischen Nationalpartei (PNV), Inaki Anasagasti. Er forderte deshalb gestern den Rücktritt von Innenminister Jaime Mayor Oreja, denn die HBler seien nur deshalb in Haft gewesen, „weil der Minister politisch Druck ausübte“.