Kämpfen, ohne zu kentern

■ Bei der U23-WM im Wasserpark Allermöhe reißen sich die besten Ruder-Talente aus 35 Nationen am Riemen

Der Steuermann erhöht die Schlagzahl, das Team reißt sich am Riemen. Spätestens jetzt dringen Eindrücke und Geräusche nicht mehr zur Besatzung durch: Versunken in das Eintauchen, Durchziehen und Auftauchen der Ruderblätter, die Atmung kontrolliert, den Blick festgehakt an den schwieligen Händen, arbeiten die SportlerInnen präzise und lautlos.

Denn Ehrgeiz ist viel, die Technik alles im Rudern. Jede kleinste Unachtsamkeit kostet bereits wertvolle Sekunden. Zweifelsohne ein harter Sport – stets daran zu erkennen, daß die Aktiven sich über Siege im Ziel am liebsten freuen würden, vor Erschöpfung aber nicht können. Diese RiemenreißerInnen geben alles, holen das letzte aus ihrem Körper heraus, sagen die Experten. Die Leute im Boot beschreiben es nüchterner: „Auspumpen bis zum Kotzen“.

Ein internationales Allerlei erwartet die Besucher somit bei der Weltmeisterschaft der Unter-23jährigen, die morgen und Sonntag im Wasserpark Allermöhe ausgerudert wird. Daß keiner der Teilnehmer dabei Symptome unkontrollierter Magen-Darm-Motorik zeigen wird, ist sicher. Schließlich haben „alle klassischen Rudernationen ihre Besten geschickt, von denen viele zudem Olympiahoffnungen für die Spiele in Sydney 2000 sind“, erklärt Regattachef Klaus Harder.

Insgesamt 35 Länder, unter anderem Brasilien, Finnland, Zypern, Australien und die USA, gehen beim Nations Cup 99, der größten Hamburger Ruderveranstaltung seit 13 Jahren, an den Start. Aus Deutschland pullt je eine komplette Mannschaft in jeder der 18 Bootsgattungen. Mitfavorisiert ist der „kleine“ Deutschlandachter, der in dieser Saison dem Achter von Team Telekom – immerhin das Aushängeschild des Deutschen Ruder Verbandes (DRV) - bereits ein ums andere Mal ernsthafte Probleme bereitete. „Die US-Boys und Australier stellen die größte Konkurrenz“, meint Dieter Grahn, Olympiasieger und Trainer der achtköpfigen Nachwuchscrew.

In Hamburgs sitzen rund 5000 Begeisterte vereinsorganisiert und regelmäßig in wackligen Ruderbooten. Eines der größten Talente ist Alexander Palfner vom Ruder-Club Hamburg. Der 22jährige wird als einziger hanseatischer Teilnehmer mit dem DRV-Vierer (mit Steuermann) um eine gute Plazierung kämpfen. Prominente Unterstützung verbaler Art bekommt er aus der eigenen Stadt. Peter-Michael Kolbe, seit vielen Jahren in seiner Wahlheimat Norwegen lebender Hamburger, hat sein Kommen angesagt. Unter den Augen des früheren Einer-Weltmeisters und mehrfachen Vize-Olympiasiegers werden die besten Nachwuchsleute auf der 2000-Meter-Renndistanz rund 220 Schläge à 50 Kilo Zugkraft bewältigen müssen, um auf dem Siegerpodest dabei zu sein.

Oliver Lück

Ruder-WM U23, Sonnabend und Sonntag ab 8 Uhr, Wasserpark Allermöhe, Dove-Elbe