Besoffen, verprügelt, ausgeraubt, verurteilt

■ 19 und 22jährige Angreifer kamen mit Bewährungsstrafe von 22 Monaten davon

Sechs Stunden hatten die beiden Wehrpflichtigen im vergangenen Jahr auf dem Freimarkt gefeiert. Als sie sich um zwei Uhr in der Frühe auf den Heimweg machten, hatten sie zehn Liter Sprit intus. Wenige Minuten vom Freimarkt entfernt, in der Gustav-Detjen-Allee, schlugen sie einen 41jährigen, ihnen fremden Mann brutal zusammen. Sie verletzten ihn am Rücken und brachen ihm das Nasenbein und das Handgelenk. Warum? „Keine Ahnung“, antworten die beiden jetzt der Vorsitzenden des Bremer Jugendschöffengerichts. Das Gericht verurteilte die beiden 19 und 22 Jahre alten Täter jeweils zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung.

Die Richterin hält den ehemaligen Soldaten die Fotos von dem Verprügelten vor. Der 19jährige Schläger blickt auf das geschwollene Gesicht und die Platzwunden des 41jährigen. Er wird rot und wendet sich ab. Sein drei Jahre älterer Kumpel schaut betreten zu Boden. „Neun Tage war der Mann im Krankenhaus“, sagt die Richterin und tippt auf die Bilder. Das Opfer erlitt eine Gehirnerschütterung und einen Rückenwirbel-Anbruch. Noch monatelang mußte der Geschlagene regelmäßig zum Arzt.

Einen Grund für die Schläge und Tritte findet das Gericht auch in der siebenstündigen Verhandlung nicht. Den beiden Angeklagten ist der Prozeßablauf dabei schon vertraut. Nur knapp zwei Monate vor dem Überfall war der 19jährige bereits wegen Körperverletzung verurteilt worden. Damals hatte er einem Gastwirt einen Kescher ins Gesicht geschlagen. Sowas passiere nur, wenn er getrunken habe, erklärt der Mann. Auch sein Kumpel ist gerichtsbekannt – wegen Fahrens ohne Führerschein, verschiedener Diebstähle und Drogenhandels.

Im Gegensatz zum Gericht ist für den Geschädigten das Motiv der beiden Schläger klar: Raubüberfall. „Ich hatte richtig Angst, daß die mich totschlagen“, sagt der 41jährige. Die Männer hätten es auf seine Jacke, seine Uhr und sein Geld abgesehen. „Als ich am Boden lag, haben sie versucht, mir das Geld aus der Hosentasche zu ziehen“, berichtet er. Das konnte er verhindern, aber seine Jacke verschwand. Auch die Beamten, die zwei Minuten nach dem Überfall zufällig vorbeikamen, den 41jährigen fanden und mit ihm kurze Zeit später die Täter stellten, fanden das vermißte Stück nicht.

„Das finde ich –ne Sauerei, zu behaupten, daß wir ihn beklaut haben sollen“, sagt der 19jährige Beschuldigte erbost. Schläge und Fußtritte dagegen geben er und sein älterer Mittäter an diesem Morgen im Gerichtssaal sofort zu, aber gegen den Raubvorwurf wehren sie sich vehement. Weil Beweise fehlen, ergeht das Urteil wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung. Andrea Reidl