Theater wuchert mit eigenen Pfunden

■ Geht nicht gibt's nicht: Statt der anderswo üblichen Theaterferien findet in Oldenburg jetzt der zweite Opernsommer statt / Neben Opern wird auch Tanz und Musical gezeigt

Städtische Theater sind in der Regel im Sommer geschlossen. Kultur für eine ganz andere Klientel, nämlich für die Sommergäste der Region, findet dann unter anderem in Festivals statt. Ist man in Italien oder Frankreich unterwegs, so findet man an jedem zweiten Ort hoch qualifizierte Sommerkonzerte. Und manche Orte bieten immerhin die Kurkonzerte oder auch mal Gastspiele von Musicals an. Die Sommerbespielung im Bremer Theater, das wieder den Erfolgsrenner „Porgy and Bess“ einkaufen wollte, ist dadurch gescheitert, daß niemand die Kosten für die Werbung und/oder eine Ausfallbürgschaft übernehmen wollte.

Unabhängig von all dem hatte der Intendant des Oldenburgischen Staatstheaters, Stephan Mettin, eine eigentlich einfache, aber im Rahmen festgezurrter Zwänge doch innovative Idee: Zum zweiten Mal ist in Oldenburg „Opernsommer“ mit – man lese und staune – den Inszenierungen des Staatstheaters. Wie geht das? „Wir haben“, so der Dramaturg Matthias Schiffner, „für die Künstler und Künstlerinnen die Ferien umschichtig gelegt. Einige Schauspieler hatten im April frei, einige Opernsänger im Mai. Das ist nur eine Frage der Organisation. Wenn man das will, dann kann man das, ohne daß die Zuschauer etwas merken“. Viele Oldenburger sind in den Ferien, man muß ja ganz andere Gäste ansprechen, die Menschen von den umliegenden Campingplätzen und dergleichen mehr. „Wir sind an Touristenorte gegangen und haben mal geschaut: Woher kommen die Autos?“. Das Konzept geht auf, letzten Sommer hatte das Festival eine Auslastung von 80 Prozent. „Die Kräfte und Stärken eines Repertoiretheaters sollen einmal mit einer anderen Zielsetzung gezeigt werden“, so der Intendant Stephan Mettin.

Zwölf Vorstellungen bietet der „Oldenburger Kultursommer“, dessen erster Abend genau einen Tag nach Ferienbeginn in Niedersachsen über die Bühne geht: Die Musicallegende „My fair Lady“ (23.7., 3.8., 19.30 Uhr) macht den attraktiven Anfang. Doch dann kommt jeder Geschmack auf seine Kosten: herausragende Operninszenierungen werden gezeigt wie Modest Mussorgskis „Boris Godunow“ (25.7., 19.30 Uhr) oder Mozarts „Cosi fan tutte“ (31.7., 19.30 Uhr). Während Griep in „Boris Godunow“ nicht einen historischen Schinken, sondern „Wüste und Eis“ (Griep) zeigt, schlug Orlofsky aus „Cosi fan tutte“ aktuelle Funken jugendlicher Verwirrungen. Belcanto-Fans können sich in „La Sonnambula“ von Vincenzo Bellini (28.7., 19.30 Uhr) an schönen Stimmen weiden. Und noch einmal Bel Canto in einer bemerkenswerten Veranstaltung: ein Galakonzert mit Nicolai Gedda (30.7., 19.30 Uhr). Der große schwedische Tenor ist 1925 geboren, und der Oldenburger Auftritt wird einer seiner letzten sein. Gute Gelegenheit also, einen der großen Sänger des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts noch einmal zu erleben. Unvergeßlich sind seine Stimmtechnik, seine Klangfarben und seine charismatische Ausstrahlung. Das Tanztheater ist vertreten mit zwei Choreographien von Irina Pauls, die sich mit jeder Produktion mehr in die vorderste Linie neuer ChoreographInnen spielt („Jedermann“ am 26.7., 19.30 Uhr und das witzige „one half of front“ am 29.7., 20 Uhr). Weiter mit „unseren Pfunden gewuchert“, Matthias Schiffner: am 24.7., am 1. und 4.8., jeweils um 19.30 Uhr gibt's „Die Fledermaus“ und am 27.7., 19.30 Uhr ein Chorkonzert. Ute Schalz-Laurenze

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