Was Haase in der Pfeife raucht

■  Wenige Monate vor seinem Politikausstieg stolpert der glücklose Parlamentspräsident Herwig Haase über eine Dienstwagenaffäre seiner Frau Christa, die er ganz unkonkret dementiert

Er ist der oberste Repräsentant der Stadt und soll die Würde des Abgeordnetenhauses wahren. Anforderungen, denen Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) noch nie so richtig gewachsen war: Am Tag des Holocaust schloß der 54jährige Hochschullehrer Wehrmacht und SS in sein Gedenken ein, das Treffen mit dem Chef der neofaschistischen Alleanza Nazionale sagte er erst nach öffentlichem Druck ab, für eine illegale Baumfällaktion mußte der ehemalige Verkehrssenator 230 Mark Strafe zahlen, gegen den erklärten Willen des Präsidiums hievte er seinen Büroleiter in eine höhere Gehaltsstufe.

Sein jüngster Fauxpas: Seine Frau Christa, die sich bisher mit Auftritten bei Benefizkonzerten für Menschen mit Immundefekten in die Öffentlichkeit wagte, soll seinen Dienstwagen für private Zwecke benutzt haben. Das jedenfalls sagt der grüne Abgeordnete Burkhard Müller-Schoenau, der seit Jahren den korrekten Einsatz von Dienstwagen durchleuchtet. „Wie aus den vom Fuhrpark ausgestellten Rechnungen hervorgeht, wurden Fahrzeuge des Fuhrparks in mehreren Fällen offenbar für Privatfahrten ihrer Gattin angefordert und dann auch eingesetzt“, schrieb er am Dienstag dem Parlamentspräsidenten.

Gegenüber der BZ hatte Haases Sprecherin bestätigt, daß Christa Haase im Mai zweimal mit dem Dienstwagen des Parlamentspräsidenten in die Jüdische Gemeinde in die Fasanenstraße gefahren sei, um ihren Mann dienstlich zu vertreten. „Diese Behauptung macht die Sache nur noch schlimmer“, schimpft Müller Schoenau. Denn schließlich habe Haase drei Stellvertreter. Zudem will Müller-Schoenau „gerüchteweise“ von einer dritten Fahrt wissen, wobei es sich um einen Besuch der German Open beim Tennisclub Rot-Weiß gehandelt haben soll. „Offenbar ist sich Frau Haase zu schade, das zu tun, was jeder Normalbürger auch tun müßte: ein Taxi zu rufen und die Rechnung selbst zu bezahlen“, schimpft Müller-Schoenau. Er forderte Haase schriftlich auf, die entstandenen Kosten „unverzüglich zu erstatten“.

Zu weit geht diese Forderung der PDS, die in der Vergangenheit, wie auch die SPD und die Grünen, Haases Rücktritt verlangt hatte. Geschafft hatten das nur die Narren am Aschermittwoch mit einer zweitweisen Absetzung Haases. „Angesichts der zu Ende gehenden Legislaturperiode sollte man Milde walten lassen und helfen statt strafen“; teilte gestern die innenpolitische PDS-Sprecherin Marion Seelig mit. Deshalb will die Fraktion Geld für eine Umweltkarte „für die Frau Gemahlin des Präsidenten“ sammeln. Das Geld sei allerdings zweckgebunden und dürfe „keinesfalls“ für Frisörrechnungen verwendet werden.

Der passionierte Pfeifenraucher Haase, der im Frühjahr angekündigt hatte, nicht mehr für die Abgeordnetenhauswahlen im Oktober zu kandidieren und mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen, schickte gestern eine dünne Erklärung, in der er Müller-Schoenaus Behauptungen, die ja Haases Sprecherin zum Teil bestätigt hatte, als falsch zurückweist. „Ich habe korrekt gehandelt und kann dies belegen“, schrieb er. „Wer dies bezweifelt, kann jederzeit den Rechtsweg beschreiten.“ Zudem sei es „unanständig, daß einzelne grüne Abgeordnete sich nicht scheuen, aus Wahlkampfgründen die Ehre meiner Frau herabzusetzen“. B. Bollwahn de Paez Casanova