Polizisten gegen Polizeipräsidenten

■  Hagen Saberschinsky ist ins Schußfeld des Landeskriminalamtes geraten. Die Gewerkschaft der Polizei macht ihn für den Ermittlungsskandal um die „AG RumBa“ mitverantwortlich. Die Grünen fordern seinen Rücktritt

In der Berliner Polizei kracht es, und zwar gewaltig. Polizeipräsident Hagen Saberschinsky laufe seine Behörde aus dem Ruder, kritisierte gestern die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der Personalrat des Landeskriminalamtes (LKA) fragte: „Wann zieht die Polizeispitze die notwendigen Konsequenzen?“ Die Grünen forderten offen den Rücktritt des Polizeipräsidenten.

Für den Ärger in der Behörde sorgt der Ermittlungsskandal um vier Beamte des LKA. Ihnen wurde vorgeworfen, die „Puscasu-Bande“, in der Öffentlichkeit gerne als „Rumänen-Mafia“ bezeichnet, gegen Geld mit Informationen versorgt zu haben. Mitarbeiter der AG „rumänische Banden“ (AG RumBa), die der Landesschutzpolizei untersteht, leiteten daraufhin umfangreiche Ermittlungen gegen die LKA-Beamten ein. Die Untersuchungen gipfelten im März dieses Jahres in einer Großrazzia, die Verdächtigen landeten in Untersuchungshaft.

Der Skandal: Zur Begründung für die drakonischen Maßnahmen reichte den ermittelnden Beamten der AG RumBa eine Aussage des 25jährigen Ion H., der wegen Autodiebstahls nach Rumänien abgeschoben werden sollte. H. hatte die Beamten des LKA schwer belastet. Doch seine Aussagen erwiesen sich als widersprüchlich, am Ende gab er zu, alles frei erfunden zu haben. Die Staatsanwaltschaft will die Verfahren Zeitungsberichten zufolge in Kürze „aus erwiesener Unschuld“ einstellen.

„Mit ausdrücklicher Billigung“ des Polizeipräsidenten hätten die Mitarbeiter der AG RumBa gegen die Kollegen aus dem LKA ermittelt, kritisiert Peter Krüger, stellvertretender Personalrat des LKA. Hagen Saberschinsky trage „erhebliche Mitverantwortung für diesen Ermittlungsskandal erster Güte“. Zwischen Polizeispitze und leitenden Führungskräften des LKA sei es „zu erheblichen Vertrauensverlusten gekommen, die Polizeipräsident Saberschinsky in seiner Amtszeit nicht mehr wird beheben können“. Saberschinsky erreicht im Oktober die Altersgrenze von 60 Jahren, will aber für weitere fünf Jahre an der Spitze der Ermittlungsbehörde bleiben. Der Personalrat des Landeskriminalamtes wirft dem Polizeipräsidenten vor, „die Zusammenarbeit mit diversen Fachkräften des LKA unterbunden und den Ermittlern der AG RumBa freie Hand“ gelassen zu haben. Der Forderung, sich bei den betroffenen Beamten für die „Fehlleistungen“ ihrer Kollegen zu entschuldigen, sei Saberschinsky ebensowenig nachgekommen wie dem Verlangen nach einer Suspendierung der verantwortlichen Leiter der AG RumBa.

Saberschinsky „nimmt seine Verantwortung als Behördenleiter nicht mehr wahr“, kritisiert auch Klaus Eisenreich, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei. Einen Brief von Mitte Juni, in dem Saberschinsky um eine Klarstellung gebeten wurde, habe dieser bis heute nicht beantwortet.

„Berlin braucht schleunigst einen neuen Polizeipräsidenten“, verlangt auch Wolfgang Wieland, innenpolitischer Sprecher der Grünen. Das „Trauerspiel“ müsse zu „sofortigen persönlichen Konsequenzen führen“.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Eberhard Schönberg, hat jetzt Innensenator Eckart Werthebach aufgefordert, „unverzüglich“ zu der Affäre Stellung zu beziehen und „diesem unwürdigen Schauspiel“ ein Ende zu bereiten. Für eine Stellungnahme war Werthebach gestern nicht mehr zu erreichen. Andreas Spannbauer