Optimismus ist Fischers einzige Möglichkeit

■ Trotz der Soysal-Affäre fand der Türkei-Besuch des Außenministers wie geplant statt

Ankara (taz) – „Unser Interesse ist es, die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU grundsätzlich zu verbessern.“ Außenminister Joschka Fischer ließ bei seinem gestrigen Türkei-Besuch keinen Zweifel daran, daß die Bundesregierung sich verstärkt für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei einsetzen wird. „Es liegt im europäischen Interesse, die Türkei nicht wegdriften zu lassen.“ Erste Voraussetzung dafür ist es, daß die Türkei beim EU-Gipfel in Helsinki im Dezember offiziell als EU-Beitrittskandidat eingestuft wird.

Schon beim Kölner Gipfel hatte Bundeskanzler Schröder erfolglos einen entsprechenden Vorstoß gemacht. Das soll in Helsinki nicht noch einmal passieren. Fischer nannte seine Gespräche in Ankara sehr konstruktiv. Die türkische Seite zeige die Bereitschaft, „nach vorne zu denken“.

Trotz der Soysal-Affäre fand der gesamte Besuch wie geplant statt. Im Gegenteil, gegenüber deutschen Journalisten war Fischer eher bemüht, den Affront, den gekaperten PKK-Mann zu Beginn des Besuchs zu präsentieren, herunterzuspielen. Er gehe davon aus, daß der Mann eine rechtsstaatliche Behandlung erfahre, war alles, was Fischer öffentlich sagen wollte.

Nach Berichten aus Delegationskreisen ließ Fischer sich jedoch vom türkischen Staatspräsidenten Demirel nicht in die Ecke drängen, der mit Verweis auf Soysal eine härtere Haltung der Bundesregierung gegen die PKK einklagte. Im Gegenzug verwies Fischer auf die Erwartung der EU, den türkischen Staatsbürgern kurdischer Abstammung Minderheitenrechte nach europäischem Standard einzuräumen. Auf dem Weg nach Helsinki müßten gemeinsame Anstrengungen gemacht werden. Das habe die türkische Seite auch akzeptiert. Fischer hatte zu Beginn seines Besuchs dem Menschenrechtsverein in Ankara seine Unterstützung bekundet und dort ebenfalls klargemacht, daß die EU auf eine Verbesserung der Menschenrechte in der Türkei drängen werde. J. Gottschlich