■ Kommentar
: Trauerspiel  Die Debatte um die Bundeswehr ist fadenscheinig

Die Diskussion über die Zukunft der Bundeswehr ist überfällig. Gerade wird sie ein weiteres Mal vertagt. Die geplanten Kürzungen im Wehretat könnten Anlaß einer ehrlichen Bestandsaufnahme und einer Grundsatzdebatte darüber sein, welche Aufgaben künftig Priorität für die Streitkräfte haben sollen. Sie sind es nicht. Wieder einmal drücken sich Politiker aller Parteien darum, der Bevölkerung zu sagen, worum es geht.

Was soll die Bundeswehr sein: eine hochspezialisierte, relativ kleine Freiwilligenarmee, die zur Krisenintervention befähigt ist und sich für den unwahrscheinlichen Fall der Landesverteidigung auch auf die Bündnispartner verläßt? Oder weiterhin eine Armee mit Wehrpflichtigen und Hunderttausenden von Reservisten, die erhebliche Mittel investiert, um für große Schlachten gerüstet zu sein? Das ist die Kernfrage.

Beide Konzepte haben ihren Preis, und keines ist ohne schmerzhafte Einschnitte für Betroffene zu haben. Aber man will es sich ja mit niemandem verderben, und so tun Politiker über Parteigrenzen hinweg so, als sei alles doch irgendwie gleichzeitig zu haben und die Bundeswehr könne außerdem noch im technologischen Bereich zur Weltspitze gehören. Der Öffentlichkeit werden Spiegelfechtereien vorgeführt. Da warnen ausgerechnet Unionspolitiker, die staatliche Beschäftigungsförderungsprogramme ansonsten für Teufelswerk halten, vor schädlichen Folgen der Einsparungen für den Arbeitsmarkt. Der Verteidigungsminister tut so, als lasse sich die Finanzkrise der Armee unter anderem dadurch lösen, daß Bundeswehrmusiker künftig für Wohltätigkeitskonzerte bezahlt werden. Im übrigen wartet er gespannt auf das Ergebnis der Arbeit der Wehrstrukturkommission. Es ist ein Trauerspiel.

Dabei könnte eine solche Kommission tatsächlich Motor für die notwendige Debatte sein und die Diskussion auch in die Gesellschaft hineintragen. Dafür müßte sie aber eben auch die anstehenden Themen offen, öffentlich, häufig und kontrovers besprechen und so zusammengesetzt sein, daß sich die unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung in ihr widerspiegeln. Davon kann keine Rede sein. Derzeit scheint die Kommission vor allem den Zweck zu erfüllen, der Regierung noch weitere Zeit für die anstehenden Entscheidungen zu verschaffen. Das ist ein bißchen wenig. Bettina Gaus