Schröder mutig im Kosovo

■ Bundeskanzler sieht Bundeswehr als Damm gegen Flüchtlinge. Rugova trifft sich nicht mit Schröder

Prizren (AFP/rtr/taz) – Bundeskanzler Gerhard Schröder hat gestern als erster westlicher Regierungschef seit Kriegsende das Kosovo besucht. Vor deutschen Soldaten sagte er, daß der Bundeswehr-Einsatz geeignet sei, die „historischen Verbrechen“ der Wehrmacht „wenn nicht vergessen zu machen, so doch dafür zu sorgen, daß die Menschen ein Bild von Deutschland bekommen, das friedlich ist“. Die Bundeswehr sei keine „Eroberungsstreitmacht, sondern eine Friedensstreitmacht“. Die Aufgabe der deutschen Armee sei längst nicht mehr nur die Landesverteidigung, sondern die Verantwortung für die Menschenwürde auch jenseits deutscher Grenzen. Damit wich Schröder von der Formel ab, daß der Kosovo-Einsatz eine absolute Ausnahme gewesen sei. Die konkrete Aufgabe der Bundeswehr sei es, den Menschen im Kosovo das Gefühl von Sicherheit zu geben. Das, so Schröder unverblümt, liege im deutschen Interesse: Die Bundeswehr nehme „uns in Deutschland die Notwendigkeit ab, die Menschen bei uns zu beherbergen“.

Schröder traf sich unter anderem mit dem Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Pawle, der kürzlich Miloševic zum Rücktritt aufgefordert hatte. Beim Treffen mit den Kosovo-Albanern, u. a. dem UÇK-Führer Hasim Thaci, fehlte der gemäßigte LDK-Führer Ibrahim Rugova. Rugova hält sich seit letzter Woche in Rom auf. Hintergrund seines Rückzugs ist der Streit um die Zusammensetzung des „Übergangsrates für das Kosovo“. Dieser sollte, auf Vorschlag des Kosovo-Beauftragten der UNO, Bernard Kouchner, mit zwei Serben, zwei UÇK-Leuten, zwei Unabhängigen und zwei LDK-Vertretern besetzt werden. Damit war Rugova nicht einverstanden. Beobachter gehen freilich davon aus, daß die Gefahr einer Selbstisolierung Rugovas wächst. Das würde eine weitere Stärkung der UÇK bedeuten.

Die Regierung in Belgrad hatte scharf dagegen protestiert, daß Schröders Besuch nicht bei ihr angemeldet worden war. Das Kosovo gehört nach wie vor zur Bundesrepublik Jugoslawien. Von deutscher Seite hieß es dazu, der Besuch sei bei Nato und UN angemeldet worden, die derzeit die „administrative Oberhoheit“ über das Kosovo hätten. Bei einem Rundgang in Prizren wurde Schröder von der kosovarischen Bevölkerung begeistert gefeiert. SR