Justizministerium zieht heute nach Berlin

■ 200 Mitarbeiter richten sich im früheren Patentamt der DDR und im Presseamt ein. 13 Behörden gehen von der Hauptstadt nach Bonn

Nomalerweise sind ihre Berufsbezeichnungen Ministerialrat, Sekretärin oder Abteilungsleiter. Doch heute sind sie einfach nur die Packer vom Dienst, die ihr professionelles Hab und Gut – Akten, Bücher und Topfpflanzen – in die Jerusalemer Straße in Berlin bringen.

Knapp 200 Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums aus Bonn nehmen heute in Berlin offiziell ihre Arbeit auf. Ein Teil im früheren Patentamt der DDR, ein anderer im früheren Presseamt. Dort hatte das damalige Politbüromitglied Günter Schabowski am 9. November 1999 den berühmten Satz ausgesprochen: „Der DDR-Ministerrat hat heute beschlossen, Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen beantragt werden.“ Daraufhin stürmten die Massen an die Mauer, der Rest ist Geschichte.

Allerdings werden die Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums in diesen Tagen weniger darüber nachdenken, daß sie ihre Computer an einem zeitgeschichtlich relevanten Ort aufstellen, vielmehr müssen sie ihre neuenKollegen kennenlernen: Rund hundert Mitarbeiter des Bundeszentralregisters beim Generalbundesanwalt, das seinen Dienstsitz in die entgegengesetzte Richtung von Berlin nach Bonn verlegt, wechseln von der untergeordneten Behörde zum Justizministerium – Mitarbeiter des Bundeszentralregisters, die nicht von der Spree an den Rhein umziehen wollten.

„Auf dem Papier hat die Jobbörse zwischen Bundesjustizministerium und Bundeszentralregister gut geklappt“, sagte Ministeriumssprecher Hans-Hermann Lochen. Aber ob die Zusammenarbeit mit den neuen Angestellten des Bundeszentralregisters auch in der täglichen Arbeit funktionieren wird, will Lochen noch nicht bewerten. „Da werden sich einige sicherlich ganz schön überfordert fühlen. Die Arbeit in einem Ministerium ist nun mal viel anspruchsvoller als im Bundeszentralregister, wo die Arbeitsabläufe weitgehend von sich wiederholender Routine geprägt sind.“ Die Neu-Berliner des Bundesjustizministeriums treffen heute auch auf ihre rund 140 Kollegen, die schon 1995 als Vorhut vom Rhein an die Spree gegangen sind.

Bei den 130 Beamten des Bundesjustizministeriums, die sich dafür entschieden haben, am Rhein zu bleiben, herrsche hingegen eine „Stimmung wie bei einem Trauerfall“, so Lochen. „Viele hatten sich Karrierechancen ausgemalt und müssen nun fernab von der Zentrale agieren.“ Meist sind dafür private Gründe ausschlaggebend. Manche Ehepartner, wie Ärzte mit eigener Praxis, könnten eben nicht einfach umziehen, sagte Lochen.

Das Bundeszentralregister ist nicht die einzige Behörde, die in die Gegenrichtung nach Bonn zieht. 13 Behörden gehen von Berlin nach Bonn, darunter das Bundeskartellamt, das Bundesversicherungsamt, die Außenstellen des Statistischen Bundesamtes sowie das Bundesamt für Strahlenschutz. Aus anderen Städten werden elf weitere Ämter am ehemaligen Regierungssitz angesiedelt. Dadurch bekommt Bonn rund 7.000 Arbeitsplätze zurück, die es aufgrund der Verlegung des Regierungssitzes verliert.

Annette Rollmann