Duisburg will wieder in die große, weite Fußballwelt

■ Nach dem souveränen Einzug in das Halbfinale des UI-Cups durch ein 0:0 gegen Kocaelispor erinnert sich der MSV an sagenumwobene Uefa-Cup-Auftritte

Duisburg (taz) – Nun also Montpellier Herault SC. Das klingt doch schon ein wenig nach großer, weiter Fußballwelt. Auch wenn es nur daran liegt, daß sich für den schon sprichwörtlich ehrlich-erdigen Ruhrgebietsmenschen alles Französische etwas chic und extravagant anhört. Duisburgs Trainer Friedhelm Funkel hat auf jeden Fall schon einmal deutlich gemacht, welchen Stellenwert er dem bevorstehenden UI-Cup-Halbfinalspiel beimißt: „Ich erwarte, daß das Stadion am Mittwoch ausverkauft ist.“ Das bedeutet angesichts des derzeit reduzierten Fassungsvermögens zwar nur 16.000 Zuschauer – aber immerhin.

Der MSV bemüht sich ohnehin, der ganzen Veranstaltung etwas Glamour einzuhauchen. So betont Pressesprecherin Dagmar Dahmen, der UI-Cup habe ja schon eine „kleine Tradition“. Der MSV sei ja bereits vor 30 Jahren „im damals noch Inter-Toto-Cup genannten Wettbewerb“ angetreten. So wird aus einem künstlich geschaffenen Geldbeschaffungswettbewerb auf einmal ein Nostalgietreffen mit Mythen und Legenden. Täuscht der Eindruck, oder hat der MSV den von vielen Großklubs verpönten UI-Cup richtig liebgewonnen? „Liebgewonnen nicht“, sagt Funkel, der zugespitzte Journalistenfragen gerne sachlich-nüchtern relativiert. „Das sind einfach wichtige Vorbereitungsspiele, die gerade den jungen Spielern die Chance bieten, tolle Erfahrungen zu sammeln.“

Demnach hätte die Bundesliga-Vorbereitung also Priorität. So hat Funkel zuletzt auch sehr hart trainieren lassen, weshalb beim samstäglichen 0:0 gegen den türkischen Vertreter Kocaelispor Kulübü (Hinspiel: 3:0) „Spritzigkeit und Durchsetzungskraft fehlten. Auf den UI-Cup konnte ich im Trainingslager keine Rücksicht nehmen.“ Doch kurz darauf klingt der Trainer schon wieder ganz anders: Angesichts des bevorstehenden Montpellier-Spiels müsse man nun „regenerieren und die Kräfte bündeln“ – denn „das wird ein ganz schweres Spiel“. Bei solchen Sätzen werden doch Erinnerungen an sagenumwobene Uefa-Cup-Wochen wach, die der MSV in Kürze wieder erleben möchte.

Allem Anschein nach ist der MSV jetzt schon in der vierten Runde des UI-Cups – und weiß immer noch nicht, ob er den Wettbewerb als europäisches Top-Event oder besseres (vielleicht sogar: schlechteres) Trainingslager verkaufen soll. Da kann auch Marcus Wedau nicht weiterhelfen. Einerseits werde eine geregelte Vorbereitung „natürlich gestört“. Andererseits habe man als Spieler „schon mal die Chance, sich bei Höhepunkten zu zeigen“. Letzteres ist für den 23jährigen besonders wichtig, ist er doch in die spannendste Personalfrage involviert: Wer spielt zum Bundesliga-Auftakt im offensiven Mittelfeld? Denn dort verfügt der MSV mit ihm, Michael Zeyer und Stig Töfting über drei Akteure gehobenen Niveaus. Wedaus Problem: Im Wedaustadion sind die beiden anderen beliebter. „Klar“, meint er. „Die beiden haben einen guten Stand beim Publikum. Aber der Trainer stellt nach Leistung auf und nicht den, der den dicksten Applaus bekommt.“

Gegen den türkischen Pokalsieger von 1997 wurde Wedau 15 Minuten vor Schluß für den herzlich beklatschten Töfting eingewechselt. Doch in den Vordergrund spielen konnte sich niemand – dafür war die Partie zu wenigsagend. Kocaelispors Trainer Güvenc Kurtar war trotzdem zufrieden mit seiner Elf. Auch wenn er über einen Dolmetscher wissen ließ, der MSV stehe zu Recht im Halbfinale – vor allem dank des dominanten Auftretens in der Türkei. Als freundlicher Gast wünschte er den Duisburgern zudem den Einzug ins Finale.

Eine Hoffnung, die nicht jeder teilen dürfte. Denn Duisburgs Parkplatzwächterin stöhnte schon nach dem 0:0 darüber, daß „am Mittwoch noch ein Spiel ist. Und ich dachte, ich hätte einen freien Tag.“ Es hat halt alles zwei Seiten.

Markus Geling