Stadtwerkegeschenk nach Stromschlag

■ swb AG reagiert: Durch Stromschlag beim Spiel an der Straße schwerverletzter Junge bekommt „Unterstützung“/ Kein Schuldeingeständnis / Polizei erwartet Untersuchungsergebnisse

Das größte Geschenk bekam Benjamin Wagner gestern zu seinem zehnten Geburtstag von der swb AG, ehemals Stadtwerke. Der Energieversorger hat der Familie des Blumenthaler Buben, der im Mai ein offenliegendes Stromkabel berührt und dadurch schwerste Verbrennungen erlitten hatte, 5.000 Mark versprochen. Das teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Die Mutter, Christa Wagner, die mit dem Jungen vergangenen Mittwoch nach zwei Monaten Krankenhausaufenthalt ins Haus nach Blumenthal zurückgekehrt war (die taz berichtete), reagierte überrascht auf diese von der taz überbrachte Nachricht. „Da bin ich baff“, sagte die 32jährige Frau.

Christa Wagner, berufstätige Mutter dreier Kinder, von denen Benjamin das mittlere ist, hatte über die taz Öffentlichkeit für den Fall ihres Sohnes gesucht, weil sie sich durch lange Ermittlungen nach dem Unfall „hängengelassen“ fühlte. Ihr Sohn hatte am 11. Mai beim Spielen in einer neu angelegten Sackgasse in einem Blumenthaler Neubauviertel ein 400-Volt Stromkabel berührt und dadurch schwerste Verletzungen erlitten. Nachbarn hatten das brennende Kind schreien gehört und gelöscht. Acht Wochen lang war Benjamin in Begleitung seiner Mutter in einer Hamburger Kinderklinik wegen Verbrennungen zweiten und dritten Grades behandelt worden. Die kommenden Herbstferien sind mit weiteren Hauttransplantationen verplant. „Von den Stadtwerken hat niemand auch nur mal durchgeklingelt und gefragt wie es dem Jungen geht“, sagt seine Mutter ärgerlich. Ihr Anwalt hat im Juli Schadenersatz beim Energieversorger swb AG geltend gemacht – denn diese ist für das Bremer Stromnetz zuständig. „Außerdem waren die nach dem Unfall da und haben das Kabel gesichert“, weiß Christa Wagner aus Berichten der Nachbarn. Sie selbst war an der Unglückstelle bewußtlos geworden und in eine Klinik eingeliefert worden.

Ob die swb AG im Fall des kleinen Benjamin haftbar gemacht werden kann, wird ein – wahrscheinlich langwieriger – Fall für die Gerichte. Die Stadtwerke haben die Erschließung des Wohngebietes mit Strom an einen Subunternehmer vergeben – und auch dieser will die Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt haben. In ihrer gestrigen Stellungnahme betont die swb AG: „Obwohl wir uns nicht als Verursacher des Unfalles sehen, empfinden wir eine menschliche Verpflichtung zur Hilfe. (...) Die Tragödie berührt uns sehr. (...) Für den Schaden, den der Junge erlitten hat, wird letztlich der Verursacher eintreten müssen.“ Im eigenen Interesse habe die swb AG die Ermittlungen aktiv unterstützt. Das bestätigt die Bremer Kripo, die wegen schwerer Körperverletzung durch fahrlässiges Handeln oder Unterlassen ermittelt.

„Wir erwarten jeden Tag die letzte kriminaltechnische Untersuchung“, heißt es bei der Polizei. Das Problem der Ermittler sei, daß eine Vielzahl von Verdächtigen als Unfallverursacher in Frage komme. Denn im Umfeld der Unglücksstelle haben nach dem Verlegen der Stromkabel zahlreiche weitere Firmen gearbeitet. „Insgesamt wird ein viermonatiger Zeitraum zwischen Kabel verlegen und Unglück überprüft.“ Doch ein dringend Tatverdächtiger ist den Ermittlern bisher nicht ins Netz gegangen. Unstreitig sei aber, daß nur erwachsene Männer das schwere Kabel mit rund sieben Zentimetern Durchmesser aus dem 80 Zentimeter tiefen Kabelgraben nach oben befördert haben können. ede