„Wir waren so richtig häßlich an jenem Tag“

betr.: „Geld ist nie nur Geld“, taz.mag vom 24./25. 7. 99

[...] Wenn wir es schaffen, mit unseren inneren Widersprüchen zwischen AktionärIn, ArbeitnehmerIn und KonsumentIn umzugehen, wird uns das Kapital als effektivstes Kommunikationsmittel unserer komplexen Gesellschaft unschätzbare Dienste erweisen. Aber: Zwecks Finanzierung meines Studiums habe ich mich über einen längeren Zeitraum im broking-service einer Direktbank verdingt. Da habe ich den Tag nach dem Rücktritt O. Lafontaines im Handel miterlebt. Und ich muß uns AktionärInnen sagen: Wir waren so richtig häßlich an jenem Tag. Diese widerliche Gier, dieses verbreitete Gefühl „endlich vermiest uns diese Spaßbremse das Geldverdienen nicht mehr ...“, das war ekelerregend. Das läßt sich selbst durch stilvollste Verwendung des Geldes nicht kompensieren.

Wir sollten grundsätzlich davon ausgehen, daß Aktienhandel, bei aller Aktienkultur, die wir vielleicht entwickeln werden, immer das eine bleibt: Der Versuch, mehr zu kriegen, als uns eigentlich zusteht. Oder prägnanter: Beschiß. Und Beschiß ist stets sozialschädlich. Nur, er ist eben weniger sozialschädlich als Raub. Börsen sind das kleinere Übel. Das ist noch lange kein Grund, sie zu ästhetisieren. Robert Knapp