Gut, besser, am blairsten: New Labour zieht Bilanz

Britischer Premier präsentiert seinen Jahresbericht: Es gibt viel zu tun, aber die Regierung braucht mehr Zeit   ■  Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – „Es kann nur besser werden“, lautete 1997 das Wahlkampflied von New Labour in Großbritannien. Zwei Jahre später bleibt die Parole in ihrer ganzen Tiefgründigkeit aktuell: „Wir müssen besser werden“, sagte Premierminister Tony Blair gestern bei der Vorstellung seines zweiten Jahresberichts, der eine Bilanz der Aktivitäten seiner Regierung während der vergangenen zwölf Monate darstellt.

Der Jahresbericht 1998 war noch in einem weithin belächelten Ton der Euphorie geschrieben und vorgestellt worden. Diesmal schien sich Blair bei der Präsentation Sisyphus zum Vorbild genommen zu haben. „Niemand ist frustrierter als ich“, behauptete der Premierminister. „Ich verstehe die Frustration, daß den Leuten die Dinge nicht schnell genug gehen.“ Im Text selber dominieren jedoch Banalitäten, so wie man es sich eben vorzustellen hat, wenn jemand über sich selbst ein Schulabschlußzeugnis schreibt.

„Auf manchen Gebieten hat die Regierung gute Fortschritte gemacht, aber auf anderen wichtigen Feldern wird es mehr Zeit brauchen, unsere Ziele zu erreichen“, lautet ein Schlüsselsatz. Zu den Fortschritten zählen die sinkende Arbeitslosigkeit, die niedrige Inflationsrate, sinkende Steuern und neue Sozialleistungen für arbeitende Familien, die Abwendung einer Rezession, die Autonomieregelungen für Schottland und Wales und der wachsende internationale Einfluß Großbritanniens. Zu den Dingen, die „mehr Zeit“ brauchen, gehört die Verbesserung des Bildungs- und Gesundheitswesens.

Das gehe auch nicht so schnell, betonte Blair: „Eine große öffentliche Dienstleistung umzupolen ist ein Zehnjahresprojekt, und es wird Zeit brauchen, das zu machen.“ Es gibt natürlich auch semantische Tricks. Viele Wahlversprechen werden als on course beschrieben, was in Wirklichkeit bedeutet, daß sie noch nicht erfüllt worden sind. Die Regierung behauptet sogar, ihr Versprechen gehalten zu haben, den Friedensprozeß in Nordirland „voranzutragen“. Nur wohin sie ihn getragen hat, sagt sie nicht. Nach dem Scheitern der jüngsten Bemühungen wäre das auch peinlich.

Jedenfalls kommt die Regierung auf die Rechnung, sie habe von ihren ursprünglichen 177 Wahlversprechen jetzt 90 erfüllt – vor einem Jahr waren es erst 50. Von daher braucht Blair eigentlich gar nicht mehr Zeit. In diesem Tempo sind in zwei Jahren alle Versprechen erfüllt, und Blair kann sich guten Mutes wiederwählen lassen. Damit das schon mal jeder merkt, wird der Jahresbericht von den großen britischen Supermarktketten vertrieben. In der Lebensmittelabteilung.