Mehr Prozeßkostenhilfe

■ Hamburger Senat setzt sich für Neuregelung beim Insolvenzrecht ein

Die Ärmsten bleiben außen vor, obwohl gerade sie profitieren sollten. Paradox und in Hamburg Realität: Völlig überschuldete Menschen, die über kein Einkommen verfügen, können das seit Anfang des Jahres mögliche Insolvenzverfahren nicht betreiben, weil sie es sich nicht leisten können. Zwar dient das gerade dazu, jemanden von der Schuldenlast zu befreien. Doch manche Richter gewähren Prozeßkostenhilfe, andere nicht. Der Hamburger Senat hat deshalb gestern angekündigt, er wolle auf Bundesebene eine gesetzliche Neuregelung erreichen, die bewirkt, daß die Verfahrenskosten für jeden mittellosen Schuldner übernommen werden.

Zwischen 50.000 und 70.000 Haushalte in Hamburg gelten als überschuldet. Durch das neue Insolvenzverfahren können sie innerhalb von sieben Jahren von ihren Geldsorgen befreit werden. 93 derartige Verfahren sind bisher beantragt, 13 bereits eingeleitet worden. Einige Schuldner sind jedoch mit ihrem Versuch gescheitert, staatliche Prozeßkostenhilfe zu bekommen. Das Hamburger Landgericht, die dafür höchste Instanz, lehnte sie ab.

Denn als er das Insolvenzgesetz schrieb, hat der Gesetzgeber einen Pferdefuß dort verankert: Das Gericht hat das Schuldenbereinigungsverfahren abzuweisen, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Gerichtskosten zu decken. Offenbar ging man davon aus, daß die Prozeßkostenhilfe hier den Ausgleich schaffen kann. Deren Vergabe wird jedoch nach einem anderen Gesetz geregelt, und das wiederum sieht vor, daß Geld nur bekommt, wessen Verfahren Aussicht auf Erfolg hat – was bei Schuldnern nicht der Fall sein kann, wenn der Prozeß ohne finanzielle Unterstützung gar nicht erst eröffnet werden darf.

Auf der letzten Konferenz der Justizministerien vom 7. bis 9. Juni diesen Jahres hatte Hamburg sich bereits für eine gesetzliche Initiative zur Regelung eingesetzt. Nun haben die MinisterInnen eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, welche die Schwachstellen des Insolvenzgesetzes aufdecken soll. ee