Artistik und Lagerfeuer

■ Beim 5. Internationalen Jugendcircus-Festival leisten 99 internationale Freizeitartisten unter anderem aus Rußland und Belgien Halsbrecherisches

Fast wäre das fünfte internationale Jugendcircus-Festival in Bremen geplatzt. Im April hatte Bonn signalisiert: Wir haben keine „Europa-Gelder“ mehr zu vergeben. Die jugendlichen Circusleute mobilisierten daraufhin die Senatorin für Soziales und Sponsoren – mit begrenztem Erfolg. Die zusammengeschnorrten 31.000 Mark reichten gerade, um den Truppen aus Rußland und Belgien Anfahrt und Unterbringung zu zahlen. Eine Circusgruppe aus Schweden mußten die Bremer wieder ausladen. Derzeit zelten 99 Freizeit-Artisten im Garten des Lidice Hauses in Bremen-Nord.

Dort haben sie das Programm auf die Beine gestellt, mit dem sie jetzt noch drei Tage in Bremen zu sehen sind – nachmittags und abends. An den Vormittagen feilen sie in der Schule am Leibnizplatz am eigenen halsbrecherischen Können – auf der Matte, dem Einrad oder am Trapez.

Da liegen Alina (8) und Jula (9) in der Turnhalle auf einer Matte und schauen Trainer Mohammed zu. Der legt gerade einem zierlichen Mädchen im schwarzen Trikot den Arm um die Hüften, sie streckt die Arme, biegt sich zurück und rollt rückwärts über seinen Arm – ein Rückwärtsüberschlag. „Geschafft“, strahlt sie.

„Das sind hier sehr gute Lehrer, die gehen auf uns zu“, loben die russischen Schülerinnen Alina und Jula die acht TrainerInnen. Die beiden sind Expertinnen: In St. Petersburg üben sie seit zwei Jahren täglich in einer Circusschule den Salto vor- und rückwärts. Nur donnerstags haben sie frei. „Die Russen sind toll in der Technik, wir lernen total viel von ihnen“, sagt Steven Beersmans. Er ist an einer belgischen Circusschule. „Bei uns soll es witzig sein, wir machen mehr Spaß auf der Bühne als die Russen“, erklärt er. Steven Beersmans ist zum dritten Mal in Bremen. Für ihn ist der Circus Hobby. Später will er zum Theater, jetzt besucht er die Schauspielschule.

„Vor sieben Jahren waren zum ersten Mal Kinder und Jugendliche aus unseren lettischen und belgischen Partnerstädten, Riga und Tildonk, beim Jugendcircus-Festival“, sagt Michael Credo vom Mahndorfer „Circus Bambini“. Von den Letten konnte damals kaum jemand englisch – für die Kinder kein Problem. „Die machten alles nonverbal – mit Händen und Füßen oder übers Jonglieren.“ Damals, nach zehn Tagen Jonglieren und Einrad-Kunststücken, wollten sie sich wiedersehen. Die Idee vom Jugendcircustreffen war geboren. Dazu ist jetzt Zeit – tagsüber bei den Workshops und abends am Lagerfeuer vor dem Lidice Haus. Für einige ist es wahrscheinlich der letzte Besuch beim Jugendcircus. Von den Belgiern sind viele schon das dritte Mal hier“, erklärt Michael Credo. „Die werden studieren und keine Zeit mehr haben.“ Andrea Reidl

Heute, Donnerstag und Freitag läuft das Programm im Theater am Leibnizplatz um 16 und 20 Uhr