Mr. Elterman läßt nicht locker

Mitglieder jüdischer Sportvereine in Australien agitieren wegen des Brückeneinsturzes bei der Makkabiade 1997 gegen Israels Olympia-Teilnahme in Sydney    ■ Von Martin Krauß

Berlin (taz) – Mittlerweile verfügt der Australier Colin Elterman über einen gewissen Bekanntheitsgrad in Israel. Den hat der in Sydney lebende Textilfabrikant den Umständen zu verdanken, daß er Vater der 17jährigen Sasha Elterman ist, die vor zwei Jahren als Tennisspielerin an der Makkabiade in Tel Aviv teilnehmen wollte und kurz vor der Eröffnungsfeier am 14. Juli 1997 bei einem Brükkeneinsturz schwer verletzt wurde. Seither kämpft Colin Elterman engagiert gegen die Maccabi World Union (MWU), die die jüdische Olympiade organisiert, wie man umgangssprachlich das zu den fünf größten Sportfesten der Welt zählende Ereignis nennt.

Als die Australier als zweite Delegation nach den Österreichern – gemäß des hebräischen Alphabets – in das Nationalstadion von Ramat Gan, einem Ort nahe Tel Aviv, einmarschieren wollten, stürzte eine extra für die Eröffnungsfeier errichtete Brücke aus Holz und Aluminium ein. Etwa 100 Sportlerinnen und Sportler fielen sieben Meter tief in den Fluß Jarkon. 64 wurden verletzt, zwei Mitglieder des Bowling-Teams – Yetty Bennett und Greg Small – waren sofort tot. In den Tagen danach starb die Bridge-Spielerin Elisabeth Sawicki und Anfang Oktober auch der Sportbowler Warren Zines. Nur Yetty Bennett starb an den unmittelbaren Folgen des Brückeneinsturzes, die anderen drei erlagen den Vergiftungen, die sie sich in dem völlig verschmutzten Jarkon zugezogen hatten.

Seit diesem Unglück sind die Beziehungen zwischen den australischen jüdischen Gemeinden und der in Israel ansässigen MWU, höflich formuliert, angespannt. „Die MWU baute die Brücke, die einstürzte“, kommentierte unlängst, Mitte Juni diesen Jahres, die konservative Tageszeitung Jerusalem Post, „nun zerstört die MWU die Brücke, die Israel und die australischen Juden verband.“ Zunächst kämpften Elterman und die anderen Opfer sowohl gegen die MWU als auch gegen den Staat Israel, der ihrer Ansicht nach die Ermittlungen verschleppte. Mittlerweile war Elterman schon des öfteren in Israel, unter anderem sagte er vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß der Knesset aus. Nach den israelischen Wahlen vor wenigen Monaten, welche die Arbeitspartei wieder zur stärksten Kraft werden ließen, wird der Knesset-Ausschuß wieder seine Arbeit aufnehmen. Schließlich muß neben den Gründen für den Brückeneinsturz – hier laufen etliche Prozesse, die kurz vor dem Abschluß stehen und bei denen hohe Haftstrafen drohen – auch die Ursache gefunden werden, warum mitten durch ein Wohngebiet ein dermaßen vergifteter Fluß laufen kann.

Elterman bezeichnet sich selbst als „nichtoffiziellen Sprecher der Opfer“, und mit seinen teilweise spektakulären Aktionen hat er schon einiges an Öffentlichkeit herstellen können. Bei den Panamerikanischen Spielen in Mexiko durften Transparente australischer Makkabi-Sportler mit Aufschriften wie „Clean Up The Maccabiah!“ oder „MWU Do the Right Thing!“ aber nicht entrollt werden. Die Demonstration sollte Teil der großen Kampagne sein, die „Games of Shame“, die Spiele der Schande, wie die nächste, fürs Jahr 2001 wieder in Israel geplante Makkabiade von den Australiern genannt wird, zu boykottieren. Etliche prominente australische Geschäftsleute haben sich laut Elterman schon angeschlossen, ebenso „mindestens zwei“ Makkabi-Organisationen in der Diaspora.

Vor etwa einem Jahr hatte die Gruppe um Elterman versucht, Israels Teilnahme an den Olympischen Spielen 2000 in Sydney zu verhindern. So ganz hat die Gruppe davon noch nicht Abstand genommen. „Im September beginnen wir mit einer neuen Kampagne“, verrät Elterman, „und zwar gegen die Mitglieder des Israelischen Olympischen Komitees, die auch in der MWU Mitglied sind. Solange unsere Anliegen nicht geklärt sind, wollen wir diese Funktionäre nicht in Sydney haben, und wir glauben, daß wir die Unterstützung aller Australier besitzen.“ Die israelischen Sportfunktionäre müßten sich entscheiden: „Entweder sie unterstützen die unmoralische MWU, oder sie besuchen die Stadt der Opfer dieser MWU“, so Elterman. In einem offenen Brief, der in diversen jüdischen Zeitungen der englischsprachigen Welt erschienen war, formulierten Elterman und seine Mitstreiter noch kämpferischer: „Es ist nun für die anderen Länder in der Diaspora an der Zeit, aufzustehen und den Kampf für Gerechtigkeit und Verantwortung in Israel aufzunehmen. Du könntest der nächste sein.“

Bei Makkabi Deutschland will man sich Eltermans Forderungen nicht anschließen. „Wir hätten Verständnis, wenn es um moralische und finanzielle Forderungen ginge“, sagt Vizepräsident Gideon Osterer, „aber mit den Rücktrittsforderungen an die MWU-Spitze ist doch niemandem geholfen.“

Es muß die Ursache gefunden werden, warum mitten durch ein Wohngebiet ein dermaßen vergifteter Fluß laufen kann