Steuerzahler soll keine Bahnhöfe bewachen

Bahnpolizisten sollten von der Bahn bezahlt werden, meint Otto Schily. Sein Plan käme dem Bundesgrenzschutz gelegen, der sich einst die Polizisten einverleibte und jetzt die Kosten für sie los würde  ■   Von Otto Diederichs

Berlin (taz) – Der Plan von Bundesinnenminister Otto Schily, die Kosten für den Einsatz der Bahnpolizei von jährlich 250 Millionen Mark künftig der Bahn AG in Rechnung zu stellen, hat dort für Aufregung gesorgt. Das ist verständlich, denn damit holt die Bahn nun eine Debatte wieder ein, die sie vor sieben Jahren zur Zufriedenheit aller geregelt glaubte.

Bis dahin oblagen die Sicherheits- und Werkschutzaufgaben im Bereich der Bahnanlagen der Bahn selbst. Die Angehörigen der Bahnpolizei rekrutierte sie aus dem Bahnpersonal, die an der Bahnpolizeischule im bayerischen Freimann eine entsprechende Zusatzausbildung erhielten. Seit Mitte der achtziger Jahre überlegte man zunächst, die Kosten für den Bahnfahndungsdienst, einen speziellen Zweig der Bahnpolizei, einzusparen – aus „unternehmerischen Gründen“, wie es hieß. 20 Millionen Mark wären dadurch jährlich frei geworden, die Aufgaben der zirka 220 Mann sollten die Länderpolizeien übernehmen.

Die Länderinnenminister standen dem Plan zwar ablehnend gegenüber. Im Bundesinnenministerium jedoch fiel er 1987 auf fruchtbaren Boden: Im Rahmen des Schengener Abkommens stand der endgültige Abbau der EU-Binnengrenzen bevor, beim BGS würden damit bisherige Aufgaben wegfallen. Als Ausgleich sollte er nicht nur die Bahnfahndung, sondern gleich alle Aufgaben der damals etwa 2.700 Bahnpolizisten übernehmen. Auch die (Ex-)Eisenbahner waren zu 90 Prozent für einen Wechsel zum BGS.

Gestützt auf solche Vorplanungen, erhielt der BGS nach der deutsch-deutschen Vereinigung zunächst die Aufgaben der DDR-Transportpolizei. Im November 1991 stimmte der Bundestag dem „Gesetz zur Übertragung der Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit auf den Bundesgrenzschutz“ zu. Gegen die Stimmen von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Saarland erfolgte im Dezember auch die die Zustimmung des Bundesrates.

Bedenken, das Machtgefüge zwischen Bund und Ländern werde sich im Polizeibereich beträchtlich zugunsten des Bundes verändern, hatte man beseite geschoben. Für die rot-grüne Regierung in Hessen war die Aussicht, die immensen Kosten für die Sicherung des Frankfurter Flughafens künftig auf den Bund abzuwälzen, zu verführerisch. Im April 1992 trat das Gesetz in Kraft. Ein Versuch Nordrhein-Westfalens, das Gesetz über eine Klage zu Fall zu bringen, scheiterte 1995.

Seither ist der BGS für die Sicherheit auf den gegenwärtig rund 40.000 Streckenkilometern und über 6.000 Bahnhöfen in Deutschland zuständig. Die Zahl der Bahnpolizisten ist seither auf etwa 5.800 Beamte gestiegen. Für die Bahn war der Wechsel der Zuständigkeiten seinerzeit ein gutes Geschäft. Weniger für den Bund.

In der Beschlußempfehlung vom 12. 11. 1991 waren die Zusatzkosten bereits kalkuliert. Dort heißt es unter anderem: „Bei Übernahme der bahnpolizeilichen Aufgaben im früheren Bundesgebiet werden im Bundeshaushalt zusätzliche Ausgaben in Höhe von 165 Millionen Mark jährlich entstehen.“ Werden Schilys Pläne Wirklichkeit, rechnet sich die Aktion nun nachträglich für den BGS. Es bleiben die erweiterten Befugnisse – zum Nulltarif.