Eine Glatze voller Gags

■ Der venezolanische Showman und Vorzeige-Sonero Oscar D'Leon ist seit 25 Jahren in Sachen Salsa unterwegs

Oh, wenn man nur alles verstünde, was dieser Mann so zum Besten gibt! Oscar D'Leon macht einem das Spanische äußerst schmackhaft. Ob diese ohnehin schon klangvolle Sprache je dermaßen saftig artikuliert und muskulös ausgequetscht wurde? Jedenfalls zeigte sich eine erklär-termaßen hochtourige Musik wie Salsa noch nie so gut durchblutet wie in den Interpretationen des Sängers und Bandleaders aus Venezuela.

Mit der New Yorker Salsa-Schule der 60er Jahre um Eddie Palmieri und die Fania All Stars hochgekommen, hat sich D'Leon stilistisch bald auf kubanischen Son à la Beny More festgelegt. Seit mehr als 25 Jahren ist er damit richtig dick im Geschäft, wovon etliche Goldene Schallplatten und – seinen Entertainerqualitäten geschuldet – prestigeträchtige Galaauftritte weltweit zeugen. Weichgespült hat das seine Musik aber keineswegs. Als einer der großen Soneros ist D'Leon seit 1977 mit eigenem Orchester unterwegs – was in standesgemäßen Salsa-Zusammenhängen auch bedeutet, daß er den Unterhalt einer mobilen Großfamilie bestreiten muß.

Die neue Platte En Nueva York ist der besten D'Leon-Tradition verpflichtet, d.h. auch mit einer betörenden Dosis Pop ausgestattet. Die Bigband-Arrangements sind nicht nur clever strukturiert, wie sich das für ein führendes Salsa-Ensemble gehört, sondern dynamisch und subtil auf das Repertoire abgestimmt: Jedes Stück eine hingebungsvoll erzählte Geschichte und in erster Linie als stimmliches Abenteuer inszeniert. Oscar D'Leon hat dabei kein Risiko zu scheuen – ob er nun ungebärdig laut oder zärtlich gurrend kommt, in ausgelassenen Skalen improvisiert oder einfach sein unbestechliches Timbre walten läßt. Dieser Sonero weiß, wie man ein Publikum erst umgarnt und dann unnachgiebig um den Finger wickelt: Eine Kapazität als Showman und Musiker. Und insofern durchaus mit Leuten wie James Brown, der ähnliches für Soul & Funk verkörpert, auf eine Stufe zu stellen.

Man kann sich nur wünschen, daß Oscar D'Leon mit einer möglichst großen Meute aufkreuzt, damit er seine Stimme auch im Konzert zu Duett- und Choreskapaden erheben kann. Und wenn die fiesen Keyboardsounds wahlweise von präziser Percussion zugedeckt und messerschafen Bläserattacken zerfetzt werden, steht einem kollektiven Zungenschnalzen nichts mehr im Weg.

Andreas Schäfler Mi, 4. August, 21 Uhr, Fabrik