Schnäppchen in Stolpe

■ Grüne stellen Minderheitenvotum zu Schockemöhle-Untersuchungsausschuß vor

In der Affäre um den geplanten Verkauf des Stadtguts Stolpe an den Springreiter Alwin Schockemöhle haben die Grünen das Verhalten der Großen Koalition gestern erneut kritisiert. Im Untersuchungsausschuß, der die Umstände des Vertragsabschlusses aufklären sollte, hätten sich die beiden Regierungsparteien geweigert, „die Verwicklung der Staatssekretäre Frank Bielka (SPD) und Peter Kurth (CDU) offenzulegen“, sagte der grüne Haushaltsexperte Burkhard Müller-Schoenau bei der Vorstellung des Minderheitsvotums seiner Fraktion.

Beamte der Finanzverwaltung hatten mit Schockemöhle vor zwei Jahren einen Vertrag abgeschlossen, der den Verkauf der 240 Hektar großen Fläche am nordwestlichen Stadtrand zu einem Preis von nur 4,3 Millionen Mark vorsah. Erst nach öffentlicher Kritik an dem Deal zum Schnäppchenpreis kam es zu einer neuerlichen Wertermittlung durch die Bauverwaltung, die einen Grundstückswert von 10,6 Millionen Mark ergab.

Im Untersuchungsausschuß waren sich nach den Worten Müller-Schoenaus alle Parteien darüber einig, daß es in der mittlerweile aufgelösten Liegenschaftsabteilung der Finanzverwaltung „drunter und drüber ging“. Ebenso unstrittig sei, daß Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) in der Affäre kein Fehlverhalten vorzuwerfen sei.

Unterschiedlich bewertet wird dagegen die Mitverantwortung der beiden Staatssekretäre. In ihrem Minderheitenvotum legen die Grünen dar, daß Kurth und Bielka mehrfach vom Geschäftsführer der Stadtgüter und von einem Pächter über den geplanten Verkauf informiert worden seien. Außerdem habe Kurth eine Liste von Verkaufsvorgängen abgezeichnet, die auch das Geschäft mit Schockemöhle enthalten habe. Damit hätten bei den Staatssekretären die „Alarmglocken“ schrillen müssen. Es gebe jedoch „kein Indiz“ dafür, daß Kurth und Bielka den Grundstücksdeal vorsätzlich gedeckt hätten, so Müller-Schoenau.

Um Grundstücksverkäufe zum Schleuderpreis künftig zu verhindern, müssen sie mittlerweile ab einer Größenordnung von 1 Hektar oder 1 Million Mark dem Parlament vorgelegt werden. Früher galt unabhängig von der Fläche eine Grenze von 10 Millionen Mark.

Diese Neuregelung wertete Müller-Schoenau gestern als „Schritt in die richtige Richtung“. Allerdings müsse sich die Verwaltung an solche Vorgaben auch halten. Im Fall Schockemöhle hätten sich die Beamten über einen Beschluß des Abgeordnetenhauses hinweggesetzt, der Verkäufe von Stadtgutflächen generell von der Zustimmung des Parlaments abhängig machte. rab