Männer in die Grube

■ Hans-Günter Bückings Debütfilm „Die Häupter meiner Lieben“

Was ist sie doch für ein ausgekochtes Luder, diese Maja! Warnt in ihrer Eigenschaft als Reiseleiterin in der Toskana die Touristen vor Diebstahl und Handtaschenraub und zieht ihnen dann selbst mit einer rührseligen, aber falschen Geschichte die Lire aus der Tasche. Und was hat sie doch für ein freies und selbstbestimmtes Leben: schaut in den strahlend blauen Himmel, summt Songs von Gianna Nannini, hat ihre Kleinmädchenträume verwirklicht, weiß, wie man lebt.

Da der Weg von der Münchener Kleinbürgerfamilie in die Sonne Italiens aber ein beschwerlicher war, kommt Maja auch ein bißchen ins Sinnieren, und so erzählt sie uns in dem Regiedebüt des gelernten Kameramanns Hans-Günther Bücking noch einmal genau dieselbe Geschichte, die die deutsche Krimiautorin Ingrid Noll 1993 unter dem Titel „Die Häupter meiner Lieben“ veröffentlicht hat.

Eine typische Ingrid-Noll-Geschichte, eine Geschichte vom Zusammenspiel der armen und schüchternen Maja mit der reichen und selbstbewußten Cora. Beide haben es natürlich „faustdick hinter den Ohren“ – das versteht sich bei Noll von selbst, dafür ist sie mit ihren handzahmen Frauenkrimis schließlich reich und berühmt geworden –, und beide lassen sich auch in Bückings Film schon gar nicht von den Männern zeigen, was eine Harke ist: Sie wollen baden (!), einkaufen (!), malen (!) und Kinder aufziehen, so wie sie es für richtig halten. Männer, die nicht spuren, werden kurzerhand aus dem Weg geräumt.

Genau wie Rainer Kaufmann vor zwei Jahren mit der Noll-Verfilmung „Die Apothekerin“ (und demnächst auch mit „Kalt ist der Abendhauch“) hat sich wohl auch Bücking gedacht, was in den Buchläden ein Bestseller ist, kann im Kino nicht scheitern. Zumal Ingrid Nolls ach so lustig-tiefsinnigen und ironischen Geschichten gern das Etikett „schwarz“ angehängt wird: im Moment die beliebteste Mischung bei unseren filmenden Komödienerzählern.

Doch mit den Synergieeffekten, die sich bei solchen Bestsellerverfilmungen zwangsläufig ergeben, hakt es dieses Mal ein wenig. Wer Nolls Bücher nicht kennt, dürfte von diesem Film nicht gerade animiert werden, eins zu lesen.

Alles, was Maja und Cora anstellen, entspricht einer Logik. Jeder Mord macht Sinn (versuchte Vergewaltigung, Verrat, treuloser Vater, aufdringlicher Ehemann). Von sogenannten Abgründen oder irgendwelchen Geheimnissen keine Spur: Die eine will ihre Herkunft vergessen machen, die andere will ihre Ruhe, und auch die Dritte im Bunde, die später dazukommt, die Haushälterin Anna (Andrea Eckert), möchte eigentlich nur Autofahren lernen und irgendwann einen treuen, folgsamen Mann.

Girlpower, die nicht unbedingt den Kinosessel zum Hüpfen bringt, die brav und bieder ist, die auf wahre Männerliebe hofft und mit den veritablen deutschen Starschauspielerinnen Heike Makatsch als girl next door und Christiane Paul als stachelig-verschmitzte Allerweltsfrau Cora wirklich ideal besetzt ist. (Was wohl eine Cristina Ricci aus solchen Rollen gemacht hätte!?)

Der irgendwie trübe Eindruck verstärkt sich, wenn dann immer wieder Italien das Ziel aller Wünsche ist, wenn eine italienische Herzschmerzschnulze die andere jagt, wenn Bücking mit seiner Kamera immer wieder über die weite und trockene Landschaft der Toskana mitsamt der glutroten Sonne fährt. Das soll wahrscheinlich alles einen heiter-ironischen Kontrast zum „schwarzen“ und „makabren“ Tun der Protagonistinnen darstellen, ist aber nur so geschmackvoll wie kitschig und läßt den Zuschauer öfter an die fünfziger Jahre denken, als ihm lieb ist.

Gerrit Bartels

„Die Häupter meiner Lieben“. Regie und Kamera: Hans-Günther Bücking. Mit Heike Makatsch, Christiane Paul, Helmut Berger u. a., Deutschland 1999, 88 Min.