Gewalt, aber gerecht

Idee und Adaption: Eine Reihe in den Zeise-Kinos verfolgt den Übergang vom Comicstrip zum filmischen Laufbild  ■ Von Oliver Rohlf

Machen wir uns nichts vor: Die wahren Herrscher über die Welten leben im Comic und nicht im Film! Naturgewalten wie die der Schwerkraft kicken die Heroen aus der Zeichenwelt per „Zong!!!“ und Einzelbild so locker aus der Hemisphäre wie Obelix seinen Hinkelstein zwecks Geistesheilung auf einen kleinen, alten Druiden niederrauschen läßt, und sich diese krude Therapie comicgemäß von Erfolg krönen läßt. Die Überzeichnung und Vereinfachung wirkt dabei als Wundermittel: Wie leicht sind doch Schmerzen zu ertragen, wenn ein einziges Umblättern die Welt wieder ins rechte Licht rückt.

Fast eine Dekade und vier Filme lang mimte Christopher Reeve den Superman, und nicht wenige werden sich noch an die Spannung erinnern, als er dem blau-rot-gelben Alleskönner vom Planeten Krypton nach 27jähriger Kinoabstinenz 1978 neues Leben einhauchte. Selbst heute noch gelten Szenen wie Clark Kents wirbelndes Umkleidemanöver in der Telefonzelle als wegweisend.

Wo beim Comic Bewegungen, Handlungen oder Ideen zwischen den Bildern vollzogen werden, setzt der Film auf die unmittelbare Visualisierung und ist dabei stark abhängig von dem jeweiligen Stand der Tricktechnik. Und die machte Reeve vor 20 Jahren noch schwer zu schaffen. So verbrachte der schwarzgefärbte Bilderbuch-Mime die meiste Zeit nicht mit Texte-Büffeln, sondern im Fitnessraum, um, nur am Drahtseil hängend, die waagerechten Flugszenen als wahrer „Man of Steel“ aus eigener Kraft durchzustehen.

Batman hingegen, Supermans bester Bruder im Geiste, ist eine irdische, wenn auch mysteriöse Gestalt. Als der junge Bruce Wayne mitansehen muß, wie seine eigenen Eltern auf den Straßen von Gotham City ermordet werden, beschließt der Verwaiste, der Welt größter Verbrechensbekämpfer zu werden. Tim Burtons Verfilmung von 1989 mit Michael Keaton, Jack Nicholson und Kim Basinger in den Hauptrollen war weniger der Versuch, einer tragisch veranlagten Comic-Legende gerecht zu werden, als ein geldintensives Unterfangen, Jugendkonsumgeschichte zu schreiben: Kult kam vor dem Film. Weniger personenbezogen erzählen die grausamen Kurzgeschichten der Creepshow vom kurzen, aber harten Leid seiner Protagonisten. Die Original-Comics aus den 40er und 50er Jahren dienten Horror-Autor Stephen King 1982 als Vorlage, das Buch zum gleichnamigen Film von Zombie-Regisseur George A. Romero zu schreiben. In den fünf Kurzgeschichten geht es um die erfolgreiche Anwendung des Prinzips Spaß durch Splatter. Allesamt Schreckensvisionen, bei denen das Grauen noch mit ausgestrecktem Arm aus dem Grab emporsteigt, um sich an den Lebenden zu vergehen. Die beiden einzigen Frauenfiguren, die in dieser Reihe zu Comic- und Filmehren kommen, heißen Modesty Blaise und deren postapokalyptische Sinnesschwester, das Tank Girl.

Modesty Blaise zeigt auf, wie sehr Idee und Adaption voneinander weichen können. Ursprünglich als disparate Comicfigur von ungewisser Herkunft gedacht, die sich nach einschlägig schlechten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht einem universitären Mentor anschließt, dem es gelingt, Modestys Zorn in agentische Energie zu verwandeln. Joseph Loseys Verfilmung von 1966 hingegen verlagert das stylishe Geschehen vom Thriller ins Komödien-Lager und legt seinem Publikum nahe, die Blondine als eine Art weiblichen Austin Powers zu sehen. Das Tank Girl hingegen kennt weder in ihren Comics noch in der 95er Verfilmung von Rachel Talalay einen männlichen Verweis hinsichtlich ihrer Person. Mit Bikini und Baseballschläger donnert die 23jährige Antiheldin im Panzer durch einen Mad-Max-artigen Weltentwurf und fickt und frißt alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Gewalt und Gleichberechtigung gehen ineinander über: wie im Comic, so im Kino.

Das Special läuft den ganzen August. Infos: Tel.: 390 87 70