Emig, Jürgen

■ Ein notwendiger Nachtrag zur Fahrradtourberichterstattung

Jürgen „äh“ Emig ist als Fernseh-Sportjournalist keine Ausnahme. Wie das Gros seiner Kolleginnen und Kollegen spiegelt er seine gepuderte Oberfläche am liebsten im noch frischen Schweißglanz gerade durchs Ziel gegangener Athleten. Seitdem sich sein Arbeitgeber ARD als Trikotsponsor in die radelnde Werbekolonne der deutschen Telekom eingekauft hat, bekommt der „Radsport-Experte“ reichlich Gelegenheit, hautenge Nähe herzustellen. Beim alljährlichen Saisonhöhepunkt „Tour de France“ kann er nun drei Wochen und mehrere Stunden täglich zeigen, was er noch lieber zeigt, als „die Helden der – äh – Landstraße“ – nämlich sich.

Dumm nur, daß ausgerechnet zur großen ARD-Sponsoren-Premiere bei der 98er-Tour „diese vermaledeite Dopinggeschichte einen so – äh – breiten Raum“ einnahm und „den großartigen – äh – Sport leider aus den Schlagzeilen vertrieb“. Nachdem sich Emig im Tandem mit dem radebrechenden Ex-Profi Rudi Altig anfangs noch nach Kräften abstrampelte, die lästige Sache wortreich zu ignorieren, mußte er nach der rasanten Eskalation des Skandals ziemlich plötzlich einen ungewohnten Gang einlegen. Etwas arg offensichtlich war es geworden, wie sehr sich der öffentlich-rechtliche Emig mit der SpritzTour-Dealerszene gemein gemacht hatte. Als etwa der Realist Altig (Spitzname als Aktiver „die rollende Apotheke“) eine „völlige Doping-Freigabe“ forderte, entfuhr dem Reporter lediglich ein verschämtes Hüsteln als Überleitung zum nächsten Wortbrei.

Das von der ARD-Leitung mit Teamchef und WDR-Intendant Pleitgen an der Spitze verordnete Etappenziel hieß nun „Simulation eines kritischen Journalismus unter besonderer Berücksichtigung der geschäftlichen Interessen des Hauptsponsors Deutsche Telekom“.

Eine ungewohnte Disziplin, die der gelernte Bramarbas Emig nun öffentlich üben mußte. Geradezu hektisch seine Versuche, in die gewohnte Valiumösität seiner Moderationen nun distanzheuchelnde, satzähnliche Strukturen einzufügen, die „das Kind beim Namen nennen, ohne es – äh – mit dem Bade auszuschütten“. Vermutlich hatte man ihm mit Verbannung in den hessischen Redaktionsgulag gedroht, derart verzweifelt legte er sich flach, um längst suspendierten „Dopingsündern“ nachträglich die Leviten zu lesen und prompt im selben Atemzug die unbewiesene Unschuldigkeit „unserer Telekoms mit unserem Spitzenfahrer Jan Ullrich“ zu beteuern, „die ja ganz zweifelsfrei – äh – sauber unterwegs sind“.

Emig scheint seinen Auftrag zur Zufriedenheit der Geld- und Arbeitgeber erfüllt zu haben. Im Sommer 99 jedenfalls mußte den zähen Tour-de-France-Fans wieder Hören und Sehen vergehen, wenn er in gewohnt selbstverliebter Manier und unter konsequenter Vermeidung der korrekten Aussprache an der französischen Landkarte entlangschwadronierte, um dann jeweils am Spätnachmittag dem geduldig vor sich hin schwitzenden Radfahrer Erik Zabel die immergleichen Antworten auf die immergleichen Fragen abzupressen.

Jürgen „äh“ Emig ist als Sportjournalist keine Ausnahme, fährt aber als Beispiel für die Ludenhaftigkeit dieses Berufsstandes bis auf weiteres im pißgelben Trikot des Spitzenreiters.

Fritz Eckenga

Der Sportjournalist will „das Kind beim Namen nennen, ohne es – äh – mit dem Bade auszuschütten“