Aus eigener Kraft drei Punkte verloren

■ Vize-Meister VFB Lübeck verliert beim Auftakt zur letzten Saison der Reginalliga Nord in Norderstedt. Amateure von HSV und St. Pauli schaffen Unentschieden

Zur Halbzeit schien in Norderstedt bereits alles gelaufen: Der VFB Lübeck führte nach Treffern von Ibrahim Türkmen (20) und Oliver „Susi“ Hirschlein (37) völlig verdient mit 0:2. Mit dem aktuellen Tagesgeschehen – der kommoden Führung gegen das vom hanseatischen Anhang ob seiner Provinzialität belächelten Hamburger Vorstädtchens – mochte sich ein Lübecker Fan hingegen nicht begnügen. Als bereits 45 der 3.060 Saisonminuten gespielt waren, zog er seine persönliche Saisonbilanz: „Aus eigener Kraft können es die anderen jetzt nicht mehr schaffen, uns einzuholen.“

Die Ironie der Aussage bemäntelte allerdings nur notdürftig den common sense der VFB-Fans, die gut und gerne drei Viertel der angeblich nur 2.100 ZuschauerInnen stellten: Nächstes Jahr wird man die Zweite Liga bereisen. Für die ebenfalls aufstiegswillige Konkurrenz aus Braunschweig, Meppen oder Osnabrück hingegen bleibt verdientermaßen auch nächstes Jahr nur: Norderstedt.

Doch dann kam die zweite Hälfte. Die sengende Sonne war hinter dichten Wolken verschwunden, die Anekdoten über die offenbar urkomische Anfahrt – „nicht ein Norderstedter wusste, wo das Stadion ist“ – ebbten allmählich ab, und der SCN berannte plötzlich das von Frank Böse gehütete VFB-Tor.

Besonders hilfreich war dabei das umsichtige Mitwirken von Thomas Seeliger. Der ehemalige Bundesligaspieler (St. Pauli, Düsseldorf, etc.) unterschrieb am vergangenen Freitag um 11 Uhr 48 einen Zweijahres-Kontrakt bei den Norderstedtern – exakt 12 Minuten vor Schliessung der Transferliste. Während in der ersten Halbzeit SCN-Torchancen nur dem Umstand zu verdanken waren, dass der Linienrichter erst dann die Fahne hob, wenn Frank Grobitzsch mehr als fünf Meter im Abseits stand, geriet die Lübecker Abwehr nun immer häufiger ins Schwimmen. Nach schönem Zuspiel von Elard Ostermann verkürzte besagter Grobitzsch auf 1:2 (55).

Wenig später fiel gar das 2:2: Außenverteidiger Nils Roschlaub schoss fünf Minuten vor Schluss von der Außenlinie einfach mal Richtung Lübecker Tor. Und war damit gut beraten, da der auf einen ur-ghanaischen Nachnamen hörende Nii-Armah Welbeck den Ball ins eigene Netz köpfte (85).

Beim Lübecker Anhang mischte sich plötzlich eine Spur Verzweiflung in die energischen Anfeuerungsrufe: Sollten die sicheren drei Punkte etwa...? Sie sollten. Denn drei Minuten später foulte Welbeck den eingewechselten Ivan Zoric im Strafraum. Und beim Abpfiff hatte der SCN plötzlich dank Grobitzschs Elfmeter-Routine drei Punkte.

„Aus eigener Kraft“ ging bei Lübeck nun gar nichts mehr...

Christoph Ruf

Weitere Ergebnisse:

Göttingen 05 – St. Pauli (A) 1:1 (0:0); Hamburger SV (A) – BV Cloppenburg 0:0; Holstein Kiel – Werder Bremen (A) 1:1 (0:0);