Briefe an Schröder, Rau und Diepgen: Falun Gong bei der Kultivierungsarbeit

■ Die verfolgte chinesische Sekte hat in Deutschland bereits 1.000 Anhänger. Aber eigentlich ist sie gar nicht organisiert, sagt sie

Berlin (taz) – Aktivisten der Falun-Gong-Sekte in Deutschland haben die Bundesregierung um Unterstützung ihrer in China verbotenen Bewegung gebeten. Sie haben nach eigenen Angaben Bundespräsident Johannes Rau, Kanzler Gerhard Schröder, Innenminister Otto Schily und Berlins Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen per Brief aufgefordert, sich für die Rechte in China verfolgter Falun-Gong-Anhänger einzusetzen. „Wir machen uns Sorgen um das Leben von Menschen,“ sagte Lei Zhou vom „Deutschen Falun Dafa Verein“ am Samstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Falun Dafa ist ein anderer Name für das buddhistisch-taoistische Falun Gong.

Nach dem Verbot Falun Gongs seien allein in Peking 40.000 Anhänger der sich „Kultivierungsschule“ nennenden Bewegung in zwei Sportstadien gesperrt worden, berichtete Lei Zhou, die in Frankfurt als Kauffrau arbeitet. Die Falun-Gong-Anhänger seien in den Stadien geprügelt worden und hätten dort bei Hitze von bis zu 40 Grad ohne Essen, Trinken und sanitäre Anlagen ausharren müssen.

Seit 1996 sei der Druck auf die 1992 in China gegründete Bewegung immer stärker geworden. Nach Angaben der deutschen Aktivisten sei Falun Gong aber völlig unpolitisch. Sie setzten sich jetzt nur für die Menschenrechte ihrer „Mitschüler“ in China ein. „Wir sind nicht gegen die dortige Regierung – nicht gestern, nicht heute, nicht morgen“, so Lei Zhou. „Falun Gong ist eine ganz harmlose Übung für Körper und Geist“, ergänzte der Ingenieur Man Yan Ng aus Weinheim. Der Protest von 10.000 Falun-Gong-Anhängern im Pekinger Regierungsviertel am 25. April sei keine Demonstration gewesen, sondern nur eine „Klarstellung“.

In einem auf der Pressekonferenz vorgespielten Video des in New York lebenden Falun-Gong-Gurus Li Hongzhi, der von China inzwischen per Haftbefehl gesucht wird, forderte dieser die Regierung in Peking zum Dialog auf. Sie sei wohl nervös geworden, weil Falun Gong inzwischen mehr Anhänger habe als Chinas Kommunistische Partei Mitglieder, so Li. Falun Gong will mindestens 100 Millionen Anhänger haben. Diese von Beobachtern als übertrieben bezeichnete Zahl stammt nach Angaben der deutschen Aktivisten von der chinesischen Staatssicherheit aus der Zeit vor dem Verbot. Heute werde die Größe von Falun Gong offiziell heruntergespielt und nur mit 2 Millionen angegeben. Falun Gong habe keine eigenen Zahlen, so Lei Zhou, da die Bewegung nicht fest organisiert sei.

Wenig erhellend waren die Angaben zur Finanzierung von Falun Gong. Man nehme weder Beiträge noch Spenden, hieß es. „Wenn etwas ansteht, helfen wir uns gegenseitig“, erklärte Waltraud Ng vom Deutschen Falun Dafa Verein. „Jeder, der etwas beitragen will, tut das.“ Als Spenden wollte sie das nicht bezeichnet wissen. Gründer Li Hongzhi lebe nur von den Tantiemen seiner außerhalb Chinas veröffentlichten Bücher. Das deutsche Buch „Falun Gong – Der Weg zur Vollendung“ sei seit seinem Erscheinen vor einem Jahr 15.000-mal verkauft worden. Der deutsche Verein habe nur 20 Mitglieder, Falun Gong aber bereits knapp 1.000 Anhänger in Deutschland. Davon seien etwa 15 Prozent chinesischer Abstammung. Sven Hansen