■ Speisen im Grünen
: Karens KochKunst - die Serie der taz hamburg für GenießerInnen. Teil 7: Picknicken zwischen Korkenzieher und - Müllbeutel

Kommt ein typisch britischer Film eigentlich ohne Picknick-Szenario aus? Man denke an Jane Austens Emma, wo sich die gleichnamige Heldin beim genüßlichen Ausflug und bei Naschereien auf dem Boden mit frechen Bemerkungen über ihre Nachbarin sprichwörtlich in die Nesseln setzt.

In der ähnlich schönen Verfilmung von Forsters Zimmer mit Aussicht exportieren die Heldinnen diese englische Freizeitbeschäftigung selbst nach Italien und wandern dort durch Kornfelder „to see a view“. Und in den 80ern verführte das Video zu OMDs schönstem Song „Talking loud and clear“ zum spätsommerlichen Picknick-Traum unter knorrigen Bäumen.

Dagegen schimpfen überzeugte Picknick-GegnerInnen auf Mückenplagen, das Geschleppe von Tupperdosen, Geschirr und Freiluftspielzeug sowie auf kaltes Essen, das warm, und warme Getränke, die eigentlich kalt sein sollten. Und fragen ungläubig, was den Reiz des Draussen-Essens ausmacht. Es mag die leichte Dekadenz des Ganzen sein – immerhin bedeutet das Essen im Freien einigen Aufwand vor dem Genuß. Oder das intensive Naturerlebnis, das schon in der Romantik zelebriert wurde.

Deshalb lassen echte Fans das Picknick zur Inszenierung werden: mit altmodisch geflochtenen Weidenkörben inklusive akzeptablem (Kunststoff-)Geschirr und Vorratsdosen. Oder mit einseitig mit Kunststoff beschichteten Picknick-Decken, die Miss Lavishes „Mackintosh“ in Forsters Roman nachempfunden und im besten Fall mit stilechtem Karomuster verziert sind.

Mit der genialen Erfindung des Sandwiches haben die Briten auch das passende Picknick-Essen vorgemacht: Kleine Häppchen, etwas Obst und Gemüse, ein Dip hier und da, ein üppiger Kuchen oder Muf-fins eignen sich hervorragend zum Essen mit der Hand – und ersparen praktisch Veranlagten die Teller. Tee aus der Thermosflasche ist zwar für britische Gentlepeople eher shocking, doch auch im Londoner Hyde Park, dem El Dorado der picknickenden Stadtbevölkerung, kann man sie entdecken.

Was die perfekte Location betrifft, beweist Hamburg Nähe zur britischen Insel: Im Jenisch Park bietet sich unter ausladenden Bäumen und mit Elbblick das stilvolls-te Ambiente für die anglophile Exkursion. Dies ist allerdings nur einer von vielen denkbaren Plätzen im grünen Hamburg – auch Planten un Blomen, der Elbstrand, der Stadtpark oder außerhalb liegende Orte wie die Boberger Düne bieten sich an.

Wer da experimentierfreudig ist, dem hilft der spezielle Picnic Guide Hamburg und Umgebung mit neuen Ideen weiter. Praktisch daran sind außerdem Tips, was sich aus dem Event alles machen läßt – von der Fiesta Mexicana bis zum Fitnesspicknick – sowie einige Rezepte, die zu eigenen Kreationen inspirieren.

Wer es sich leicht machen will, kauft einfach diverse Antipasti, Käsedips und Olivencreme, ein knuspriges Baguette und eine Flasche Rotwein, lädt die liebsten FreundInnen ein und lässt im Grünen gemeinsam die Seele baumeln. Die wichtigsten Utensilien sind übrigens Korkenzieher (ein Schweizer Messer tuts auch), Salz/Pfeffer, Servietten, Sonnen- und Mückenschutz, Fackeln für den Abend sowie – Müllbeutel!

Picnic Guide Hamburg und Umgebung. Companions Verlag Hamburg, 1998, 64 Seiten, 14,80 Mark.