■ Pampuchs Tagebuch
: Ein gut geplanter Arbeitsurlaub

Da sitze ich nun friedlich in Teneriffa, drehe einen Reisefilm, alles ist mit dem Redakteur dieser Seite verabredet, und dann das! Mit der taz-Ferienplanung soll sich noch einer auskennen. Plötzlich erscheint die Internetseite am Mittwoch. Wie jetzt? Ich komme nach einem anstrengenden Drehtag in mein Hotel, werfe mein Kistchen an und finde eine aufrüttelnde und gleichzeitig beruhigende Meldung des Redakteurs dieser Seite. Er weiß zwar nicht einmal, wo ich bin – „Mallorca oder so“ –, der Dödel, mailt aber: „Du hast doch nicht etwa vergessen, dass du eine Kolumne schreiben musst?“ Ich schicke ihm brav die Antwort, dass ich die Kolumne natürlich nicht vergessen habe, aber sie – natürlich – noch schreiben muss. Und dass ja wohl noch Zeit sei bis Donnerstag. Und dass ich lieber Kaninchen essen gehe, in La Matanzas, in eine Bodega namens „El Piojo“ (Die Laus), sehr typisch und lustig. Und ihm dann morgen Abend die Kolumne maile.

Hab mir auch was Hübsches ausgedacht. Die Zeitschrift für den aufgeklärten deutschen Touristen hier in Teneriffa nämlich, der Teneriffa Anzeiger gibt „Teneriffa-Tips für Internet-Surfer“. Und berichtet, dass es bereits fünf „WebCams“ auf den kanarischen Inseln gibt. Das sind digitale Kameras, die mehrmals am Tag Bilder aufnehmen und in das Web senden. Unter wwwAtlantis.es/ arona/camera oder auch unter www.teneriffa.com/code/web cam könne man hübsche Livebilder von den Inseln frisch ins Wohnzimmer bekommen. Eine dieser Adressen leistet sich sogar den Luxus, aktuelle Bilder aus dem Büro der Firma „Blue Media“ in Realejos zu zeigen, getreu dem Motto „Es gibt nichts Schöneres, als zuzusehen, wie andere arbeiten.“

Fand ich gut. All das wollte ich für die geneigte Leserschaft morgen Abend mit der Realität vergleichen und eine profunde Analyse dieser Metaferien liefern. Jetzt – es ist halb eins – komme ich beseelt von leckerem Landwein, superben Knoblauchkarnickeln und etwelchen Veteranos aus dem Piojo in La Matanzas zurück, will mich schlafen legen und finde, wie ich noch einmal brav die Mail checke, die Brandnachricht des Redakteurs: „Es reicht nicht morgen Abend, die Seite erscheint MITTWOCH. Mensch Pampuch, Himmel noch mal!“

Nun sitz ich da und bin um den wohl verdienten Schlaf gebracht. Wenn man es eilig hat, klappt es im Internet nie. Die genanntenAdressen stimmen zwar, aber jetzt bekomme ich sie auf die Schnelle nicht so rein, dass ich tiefschürfende Aussagen machen könnte. Irgendwelche Files werden nicht gefunden, Knoblauch, Kaninchen und Veterano stoßen mir auf, und morgen muss ich um sechs aufstehen, weil wir auf dem Teide (dem mit über 3.000 Metern über dem Meeresspiegel höchsten Berg Spaniens) drehen wollen. Und bloß wegen dieser blöden taz-Ferienregelung kann ich ja schließlich auch nicht die ganze Nacht surfen. Ich stelle also den Lesern anheim, sich selber die Webcams anzusehen. Als Belohnung verrate ich hiermit die Adresse von „El Piojo“: Calle Real in La Matanza. Ein irrer Laden. Kein Schild. Man muss sich durchfragen.

Ich finde, das reicht für eine Ferienkolumne. Ich frage mich sowieso, wer die Internetseite am Mittwoch liest. Hat denn gar nichts mehr Bestand in dieser Welt? Das „Piojo“ existiert seit einem Jahrhundert. Und seit der Zeit gibt es dort Knoblauchkaninchen. Die kommen doch auch nicht auf die Idee, plötzlich Wiener Schnitzel zu servieren. Also noch mal, zum Mitschreiben: Knoblauchkaninchen gibt's im Piojo, und die Internetseite am DONNERSTAG.

Thomas Pampuch

ThoPampuch@aol.com

Anmerkung d. Red.: Der Kolumnist irrt. Die nächste Internetseite erscheint am Mittwoch, den 18. August 1999.