Das Portrait
: Der Freund von Tante Emma

■ Holger Wenzel

Holger Wenzel, Verteidiger der Sonntagsruhe und Chef des Einzelhandelsverbandes Foto: Murat Türemis/ Laif

Holger Wenzel verteidigt den Tag des Herrn. „Mit Zähnen und Klauen“!, verkündet der 57-Jährige und rasselt die Argumente runter. Dass die Deutschen einen „Entspannungstag“ bräuchten. Dass ja sonst sonntags die Kitas aufmachen müssten, wenn die Verkäuferinnen nicht mehr für ihre Kinder sorgen können. Und, dass das ja sonst alles ein Chaos ergeben würde: „Um Gottes willen!“.

Sonntagsverteidiger Wenzel ist dieser Tage gefragt. Der Chef des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) ist an diesem Dienstagmorgen schon im Fernsehen aufgetreten. Gleich kommt ein ZDF-Team in die Kölner Verbandszentrale. „Das fünfzehnte Interview heute“, sagt Wenzel ein wenig atemlos, aber auch erfreut.

Dabei ist seine Position gar nicht so einfach im Fall Ladenschluss. Sein Verband versammelt in 470.000 Unternehmen mit 3,3 Millionen Beschäftigten so ziemlich alles, was es im deutschen Handel gibt. Da gibt es Handelsriesen, die wahrscheinlich selbst durch 24 Stunden Verkauf am Tag nicht satt zu kriegen sind. Und andererseits sind da feine, kleine Tante-Emma-Läden, die die langen Öffnungszeiten nie verkraften würden und deren „langsamen Tod“ der HDE schon jetzt auf seiner Internetseite bejammern muss.

Wie soll Wenzel eine glaubwürdige Verbandsposition zum Ladenschluss stricken? Er hat das Dilemma gelöst: Werktags Liberalsierung und vielleicht auch am Sonnabend Verkauf bis 18 Uhr (Wenzel, der Konsumriesenfreund!), dafür sonntags alles dicht, „keinen Wildwuchs“, keine generelle Liberalisierung (Wenzel, der Emma-Beschützer!).

Die Gewerkschaftskollegen von der HBV mögen das für „Rumeiern“ halten. In Wenzels O-Tönen ist von einem inneren Konsumriesen-Emma-Konflikt nichts rauszuhören, obwohl selbst der Berliner Kaufhof, der letzten Sonntag frech aufhatte, Mitglied im Verband ist. Er ist eben ein Vollprofi. Ganz früh hat der Franke sich im Umgang mit Medien erprobt, als er als Sportreporter in Würzburg und Schweinfurt arbeitete. Nach dem Wirtschaftsstudium machte der Hobbysportler (Wandern, Tennis, Golf) eine 32 Jahre dauernde Funktionärskarriere: Glas-Porzellan-Keramikverband, Beleuchtungs- und Elektroverband und so weiter. Angekommen im großen Einzelhandelsverband muss er sie jetzt eben allesamt vertreten. Da sagt er selbst auf die Frage, ob er lieber in großen oder kleinen Läden einkauft, er habe da „nicht so wahnsinnige Preferenzen“. Georg Löwisch