Ebola: Der Killer aus dem Busch

■ Das geheimnisvolle Virus sorgt immer wieder für neue Epidemien in Afrika. Das Ansteckungspotential ist geringer als befürchtet

In der ersten Juli-Woche des Jahres1996 fanden Waldarbeiter bei Booué im afrikanischen Urwald von Gabun einen toten Schimpansen. Das Tier, ein Festschmaus für Menschen, die nur wenig Fleisch essen können, wurde zur Beute deklariert und verspeist. Am 13. Juli, knapp zwei Wochen später, war der erste Waldarbeiter tot. Der 39-jährige Mann war an schweren inneren Blutungen gestorben. Bis zum Januar 1997 registrierten die Seuchenbekämpfer der Weltgesundheitsorganisation weitere 42 Opfer. Angesteckt hatte sie ein eigentümlich kringelförmiger, 60 Nanometer (Milliardstel Meter) kleiner Erreger, der unter dem Elektronenmikroskop wie eine Sechs aussieht: das Ebola-Virus. Es war der bis heute letzte größere Ausbruch einer Infektionskrankheit, die als geheimnisvoller Killer immer wieder für Panik sorgt.

Ebola – eine Krankheit, die aus dem Urwald kommt, die häufig tödlich verläuft, deren Wirt und Verbreitungswege wir nicht kennen. Und gegen die es weder Therapie noch Impfung gibt. Der Film „Outbreak“ mit Dustin Hofmann lieferte die passenden bunten Bilder zu unseren Seuchenängsten. Fiebernde, blutspuckende Kranke starben wie die Fliegen. Affen schrien in hohen Frequenzen, und heroische Helfer in Astronautenanzügen rannten hilflos umher.

Der Marburger Virologe Werner Slenczka, einer der führenden Experten für die Familie der Filoviren, zu denen Ebola gehört, findet „den Rummel“, den jeder neue Ausbruch auslöse, „maßlos übertrieben“, auch wenn der Erreger tatsächlich sehr gefährlich sei. Entgegen weit verbreiteter Ansicht ist die Infektiosität, also das Ansteckungspotential, aber geringer als angenommen. Die Übertragung des Virus erfolgt durch engen Kontakt mit Infizierten über Körperflüssigkeiten, vor allem über Blut. Eine „aerogene“ Ansteckung über die Luft (Tröpfcheninfektion) ist zwar experimentell nachgewiesen, kommt aber in der Realität so gut wie nie vor. Wer sich ansteckt, hat geringe Überlebenschancen. Sieben von zehn Infizierten sterben.

Filoviren, zu denen auch das nicht weniger gefährliche Marburg-Virus zählt, sind in den tropischen Regenwäldern Zentralafrikas verbreitet. Das Ebola-Virus wurde nach dem gleichnamigen zairischen Fluß benannt, der im Hauptverbreitungsgebiet liegt. 1967 war das erste Filovirus entdeckt worden. Bei den Behringwerken in Marburg und am Paul-Ehrlich-Institut in Frankfurt hatten sich Mitarbeiter infiziert, die mit ugandischen Affen arbeiteten. In den 70er Jahren wurde das Ebola-Virus isoliert. Bei Epidemien im Sudan und in Zaire hatte es mehr als 500 Opfer gefordert.

Die Erkrankung beginnt nach einer Inkubationszeit von 4 bis 16 Tagen mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen. Am Ende der ersten Woche beginnen die Patienten zu bluten, die Gefäße werden undicht. Das Virus befällt vor allem Makrophagen (Fresszellen des Immunsystems), die als Folge toxische Stoffe ausscheiden. Die genaue Krankheitsentstehung ist noch nicht geklärt. Affen spielen bei der Übertragung des Virus auf den Menschen eine zentrale Rolle. Schimpansen werden mit Ebola in Verbindung gebracht, grüne Meerkatzen mit dem Marburg-Virus. Der Affe ist als sogenannter Zwischenwirt allerdings selbst Opfer der Infektion und stirbt ebenso wie der Mensch an der Seuche. Das eigentliche tierische Erregerreservoir ist noch immer unbekannt.

Die Massenansteckungen in Afrika wurden durch die schlechten hygienischen Verhältnisse begünstigt. Gerade das Pflegepersonal war häufig betroffen. Noch sei aber keineswegs absehbar, ob eine Ebola-Epidemie in einer Industrienation ähnlich verheerend verlaufe, sagt Virologe Slenczka. Infektionen mit Filoviren sind nach dem Bundesseuchengesetz meldepflichtig. Patienten müssen isoliert, Kontaktpersonen ausfindig gemacht und überwacht werden.

Das Marburger Institut für Virologie zählt zu den weltweit führenden Forschergruppen in Sachen Ebola. Da sich, wie die FAZ meldete, Filoviren wegen ihrer Labilität und eingeschränkten Ausbreitung über Körperflüssigkeiten nicht zur biologischen Kriegsführung eigneten, hätten viele militärische Institute, die die Forschung antrieben, ihr anfangs großes Interesse verloren. Manfred Kriener