„Blauäugig der Polizei gefolgt“

Naziaufmarsch: Klage gegen Demoverbot vorm Verwaltungsgericht. Innensenator Wrocklage beim DGB zum Rapport  ■ Von Magda Schneider

Der Neonazi-Aufmarsch in Bergedorf am 10. Juli und das Verbot der antifaschistischen Proteste durch die Polizei haben ein juristisches und politisches Nachspiel. Die Bergedorfer Rechtsanwältin Renate Hartmann, die den Bergedorfer Regenbogen-Bürgerschaftsabgeordneten Lutz Jobs als Anmelder der Gegendemonstration vertreten hat, bereitet derzeit eine Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht vor. Die soll prüfen, ob das Verbot der Gegendemos rechtswidrig war. „Das Verwaltungsgericht hat damals im Eilverfahren bläuäuig die Angaben der Polizei übernommen.“

Brisanz bekommt die Klage, da die Neonazis angekündigt haben, im Herbst erneut in Bergedorf zu marschieren. Um die Klage handfest zu bekommen, müssen noch formalbürokratische Barrieren überwunden werden. Zu diesem Zweck hat Hartmann bereits die Begründung zum damaligen Widerspruch gegen das Verbot bei der Polizei nachgereicht. Zur Stellungnahme war sie damals gar nicht mehr gekommen, weil der Rechtsstreit im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht gelandet war.

„Die Polizei war damals von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen“, kritisiert Hartmann, Statt 2000 Neonazis waren nämlich nur knapp 500 Rechte in Bergedorf aufmarschiert, so dass genügend Platz für Gegendemonstrationen gewesen wäre. Außerdem hatte die Polizei vor dem Gericht ein Horrorbild gewaltbereiter Antifaschisten gemalt und diese mit angeblichen „Erkenntnissen“ begründet. „Die hatten aus Bergedorf überhaupt keine Erkenntnisse“, schwört Hartmann. „Wenn das so stehen bleibt und durchgeht“, befürchtet sie, „kann die Polizei künftig jede Demo verbieten“.

Hartmann glaubt, daß sich die Verwaltungsrichter das tatsächliche Szenario gar nicht haben vorstellen können: Neonazis, die in Uniform und mit verbotenen Symbolen grölend „Ruhm und Ehre der Waffen SS“ – geschützt von 6.000 Polizisten – durch Bergedorf marschieren.

Dieser Tatbestand hat Innensenator Hartmuth Wrocklage nicht nur eine Strafanzeige wegen Strafvereitelung durch den Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel eingebracht, sondern auch den DGB-Kreisvorstand in Rage versetzt. Dessen Kundgebung auf den Schlosswiesen war ebenfalls untersagt worden, woraufhin der DGB auf den Gänsemarkt ausweichen musste. Der Aufmarsch mit dem Gebrülle und dem „Mitführen von Reichskriegsflaggen“ sei für die Gewerkschaften „unerträglich“, so der DGB in einem Brief an Wrocklage. Für den gestrigen Abend war Wrocklage beim Kreisvorstand zum Rapport geladen worden. In dem Gespräch machte der DGB deutlich, dass er künftig solche Aufmärsche „nicht mehr widerspruchslos hinnehmen“ wolle. Die Innenbehörde betonte dagegen, dass sie das Vorgehen der Polizei am 10. Juli, rigoros gegen linke GegendemonstrantInnen vorzugehen, nach wie vor für angemessen und gerechtfertigt hielt.