Diesel wird seinem Image nicht gerecht

Neue Studie belegt: Dieselautos 18-mal krebserregender als Benziner. Trittin fordert daher Rußfilter. Experte des Bundesumweltamtes: geringere Mineralölsteuer auf Diesel ist „unangemessen“  ■    Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Ein neues Dieselauto schleudert so viel krebserregende Stoffe aus seinen Auspuff wie 18 Wagen mit Benzinmotor. Das ergab eine neue Studie des Umweltbundesamtes (UBA). Quelle sind die vielen Rußpartikel, die aus dem Auspuff eines Diesels geblasen werden. „Ohne einen Partikelfilter ist ein Diesel nicht akzeptabel“, urteilt Axel Friedrich, Leiter der Abteilung Verkehr des UBA. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) drückt das etwas vorsichtiger aus: „Der Partikelfilter kann die vom Verkehr ausgehenden Gesundheitsgefährdungen für die Bevölkerung erheblich vermindern.“

Nach einer zwei Monate alten Studie des staatlichen Karolinska Forschungsinstituts in Schweden geht dort bereits jeder zehnte Fall von Lungenkrebs auf das Konto des Verkehrs – vor allem der Dieselfahrzeuge. Wer an einer verkehrsreichen Straße wohnt, hat ein um vierzig Prozent erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken.

Dass Dieselruß Krebs verursacht, ist schon lange bekannt. Neu ist jedoch, dass das Umweltbundesamt nun mehrere Institute unter Leitung des Fraunhoferinstituts für Toxikologie und Aerosolforschung (ITA) in Hannover die Gefährdung durch Benziner und Dieselmotoren unter realistischen Verhältnissen hat vergleichen lassen. Bislang gab es nur Studien im Standlauf, nun wurden die Abgasmengen unter normalen Fahrbedingungen wie im Stadtverkehr getestet.

Das Ergebnis: Beim Benziner sind es vor allem Benzol und PAKs – wie das Benzopyren – die krebserregend wirken, beim Dieselmotor spielen die Rußpartikel die Hauptrolle. Derzeit sind die Abgase aus dem Diesel laut der ITA-Studie etwa 18-mal gefährlicher als die aus dem Otto-Motor. Wenn im Jahr 2004 die Euro-4-Grenzwerte für Autos gelten, wird der Diesel noch immer 15-mal krebserregender qualmen. „Wenn man dann einen Partikelfilter einführen würde“, erklärt ITA-Leiter Uwe Heinrich, „wäre das Krebsrisiko durch einen Diesel weniger als doppelt so hoch wie bei einem Otto-Motor.“

Bislang ist so ein Partikelfilter nur für Busse und Lkws vorgesehen: Im Dezember hatten die EU-Umweltminister sich geeinigt, die Grenzwerte ab 2005 so zu verschärfen, dass sie nur noch mit einem Filter zu erreichen sind. Allerdings muss das Europaparlament diesem Beschluß noch zustimmen. Trittin möchte diese Regel nun „schrittweise auf andere Fahrzeugtypen“ ausdehnen.

Immerhin ist die Masse an krebserregenden Substanzen aus den Dieselmotoren von Neuwagen seit Mitte der Achtziger auf ein Drittel zurückgegangen. Allerdings ist unklar, ob das das wichtigste Kriterium ist. Neue Studien deuteten an, sagt UBA-Experte Friedrich, dass nicht die Masse der Rußteilchen entscheidend ist, sondern ihre Größe. „Kleinere Teilchen sind eher schlimmer, weil sie lungengängiger sind.“

Diese neuen Ergebnisse sind aber bisher nicht in die ITA-Studie eingegangen, weil sie noch nicht genügend wissenschaftlich abgesichert sind. Doch Heinrich weist darauf hin, dass hier weitergedacht werden sollte. Es könnte also sein, dass der Diesel tatsächlich noch schlechter abschneidet.

Bislang versucht die Autoindustrie, den Partikelausstoß allein durch Maßnahmen am Motor zu verringern. Doch das ist nicht ausreichend, wie die ITA-Studie belegt, um beim Krebsrisiko ähnlich gut dazustehen wie der Benziner. Bislang hat Peugeot als einziger Autokonzern angekündigt, einen Diesel-Pkw mit Partikelfilter auf den Markt bringen zu wollen.

„Die Autoindustrie sagt immer, der Dieselmotor sei umweltfreundlicher“, schimpft Friedrich, „aber das ist eindeutig falsch“. Trotzdem wird Diesel-Treibstoff nach wie vor deutlich weniger mit Mineralölsteuern belegt als Benzin. „Das ist völlig unangemessen“, urteilt der UBA-Experte. Nach seiner Meinung sollten Benzin und Diesel an der Zapfsäule mindestens das gleiche kosten.