Querspalte

■ Entertainment à la Bundesbahn

Es ist ruhig geworden um die Bahn. Nur Nervereien und rituelle Verspätungen. Oder? Manches wird gar nicht bekannt – etwa die ICE-Fahrt nach Berlin, bei der die Bahn unerwartete Entertainer-Qualitäten offenbarte. Kurz vor Wolfsburg kam die Durchsage „Nächster Halt: Wolfsburg Hauptbahnhof“, der kam dann auch und – der Silberpfeil sauste hindurch. Einigen Minuten später, bei Oebisfelde, kam der Zug dann kommentarlos zum Stehen. Nach zehn Minuten die Durchsage: Entschuldigung, aber der hurtige Lokführer habe seinen Fahrplan nicht gekannt und ist versehentlich durchgefahren. Man werde bald zurückeilen. Nach einer halben Stunde fuhr man doch weiter – „Weisung aus Berlin!“ – und schüttete die Wolfsburger unplanmäßig in Stendal aus. Ängstliche Reisende malten sich indes aus, ob nicht ein rotes Signal dem spurtstarken Loklenker hätte Einhalt gebieten müssen, und womöglich nur der Zufall eine Katastrophe verhindert habe. Zur Beruhigung gabs für alle Gutscheine im Werte von bis zu zehn Mark.

Der Vorfall könnte weichenstellend sein für einen innovativen DB-Unterhaltungssektor: Demnächst sollte er für den IC „Surprise“ rabattierte „Roulette“-Tickets ohne Angabe des Fahrtziels geben. Türen werden dauerblockiert – als alternatives Survivaltraining für die Insassen. Zockerstuben an Bord („Alle reden vom Wetten, wir auch“) sorgen für Kurzweil: „50 Mark und meine Bahncard, dass wir heute nicht in ... halten.“ Besonders Wagemutige buchen Kopfbahnhöfe – als Endstation im Wortsinn.

Nur: Konkurrent Lufthansa will ein ähnliches Programm auflegen: „Ach, dem Kapitän gefiel das Design der Landebahn nicht, wir fliegen zurück.“ Oder bei überraschenden Nostalgieflügen mit Ziel Berlin-Tegel: „Willkommen in Köln/Bonn.“ Bernd Müllender