Hinweise für akute Sonnensucht

Wer am Mittwoch etwas von der Sonnenfinsternis haben will, muss sich bewegen. Diejenigen, die in München, Stuttgart, Karlsruhe, Saarbrücken und Umgebung wohnen, brauchen bloß mittags um halb eins zur totalen Finsternis das Haus zu verlassen und nach oben zu schauen. Alle anderen sollten in den Süden reisen. Zwar ist auch in Dresden, Hamburg und Berlin etwas von der Finsternis zu sehen. Doch die Sonne wird hier nicht ganz vom Mond verdeckt.

Buchautor Jay Pasachoff, der schon zwanzig Sonnenfinsternissen gesehen hat, meint: Nur eine partielle Sonnenfinsternis zu sehen ist wie vor der Oper zu stehen und zu sagen, man wäre bei der Opernvorführung dabei gewesen.

Die meisten Neugierigen werden wohl nach Stuttgart und München reisen. Doch dort stören Streulicht und Dunst den Blick auf den Sternenhimmel während der Sonnenfinsternis. Die Astronomen werden sich wegen der besseren Sicht aufs Land zurückziehen. Wer die Finsternis einfach nur auf sich wirken lassen möchte, sollte ähnlich vorgehen. Besonders schön ist der Blick von einem Berg aus mit freien Blick nach Westen: Dann ist zu beobachten, wie der Mondschatten über die Landschaft auf einen zurast.

Wer so viel Mühe scheut, folge dem Tip des Fotografen Wolfgang Tillmans. Der empfiehlt, sich einfach unter einen Baum zu setzen. „Durch das Laub fallen ein paar Sonnenstrahlen auf den Boden, und kurz vor der totalen Verdunklung funktionieren die kleinen Zwischenräume zwischen den Blättern wie Lochkameras und projizieren tanzende kleine Sonnensicheln auf den Boden.“

Kameras sollte man lieber zuhause lassen. Die Aufregung über die richtige Belichtung und den richtigen Moment zum Knipsen hindert einen bloß daran, die Finsternis zu genießen. Auf den Bildern von einer automatischen Kamera ist hinterher ohnehin nichts zu sehen. Ach ja: die Schutzbrille. Der Hinweis auf die Gefahr für die Augen ist leider weder spießig noch übertrieben.

Bei der partiellen Finsternis 1954 klagten allein in Berlin siebzig Menschen über Augenschäden. Besonders tückisch ist die unsichtbare UV- und Infrarotstrahlung, die die Netzhaut irreparabel verbrennen kann, ohne dass man es spürt. Deshalb: Solange noch ein Fitzel der Sonnensichel zu sehen ist, nicht ohne Brille hinschauen. Den Anblick des Sonnenschleiers während der totalen Bedeckung sollte man pur genießen. Doch mit dem ersten Funkeln, sobald die Sonne aus dem Schatten tritt, muß die Brille augenblicklich wieder rauf – am besten schon kurz vorher. Die Brillen kosten nur wenige Mark. Außerdem: Niemals durch ein Fernglas in die Sonne schauen!

Wer diese Finsternis verpaßt, hat am 21. Juni 2001 wieder die Gelegenheit dazu – vorausgesetzt, er oder sie reist nach Angola, Simbabwe oder Madagaskar. Doch in Deutschland ist es erst wieder im Jahre 2081 so weit. urb