Ausbalancierte Ambivalenz

■ Sich verlassen, verlassen werden: 14 Künstler nennen sich Galerie G 7 und feiern im Epizentrum der neuen Mitte fröhlichste Urständ

Zwischen Touristenbussen und Straßenstrich macht sich auf der Oranienburger Straße die Routine der neuen Mitte breit – so weit die Unkenrufe. Dass im vermeintlichen Epizentrum der Kommerzialisierung auch die Off-Kultur noch fröhliche Urständ feiert, bewies hingegen G 7. Nicht die elitäre Runde der Wirtschaftsriesen ließ sich im Schatten des Szenedinosauriers Tacheles nieder, sondern eine Produzentengalerie, die von sieben Nachwuchskünstlern gegründet worden ist.

Aus diesen sieben sind mittlerweile vierzehn geworden. Jedes Mitglied von G 7 ist an einer der sechs Ausstellungen beteiligt, die bis Ende des Jahres in der kleinen Industriehalle zwischen Tacheles und ehemaligem „Herr der Ringe“-Musicalzelt geplant sind. Die Künstler bespielen ihren Raum in Gruppen von zwei bis vier Akteuren und sind zugleich ihre eigenen Galeristen. Ausstellungsbetrieb, Geschäftskosten und Mietzahlungen haben die Betreiber des angrenzenden AIR-O-SOUL übernommen. Der Biergarten mit den ausrangierten S-Bahn-Waggons ist Teil des Konzepts, das sich aus Galerie, Garten und Gastronomie zusammensetzt. Besitzer des Geländes einschließlich Tacheles und Fantasy-Investitionsruine ist die Fundus-Gruppe, die ihr Herz für Off-Kultur entdeckt zu haben scheint.

So wurde G 7 Ende Juni mit „here we are“ aus der Taufe gehoben. Nach diversen Sanierungsarbeiten in der kleinen, fensterlosen Halle folgte am 30. Juli die Eröffnung der Ausstellung „verlassen sich“. Der Titel spiegelt nicht zuletzt auch die Ambivalenz des Ortes wider: sich auf jemanden, auf etwas verlassen – oder sich verlassen/verlassen werden; beide Aspekte werden in den Werken der vier Künstler integriert. Sie stehen nicht nebeneinander oder im Widerspruch zueinander, gerade ihre gegenseitige Durchdringung und Bedingung ist das Thema.

Der Titel einer der beiden Skulpturen Wilken Skurks ist bezeichnend für die gesamte Ausstellung: „Balance“ besteht aus acht Holzbalken, die so miteinander verbunden wurden, dass ein vermeintlich fragiles Gleichgewicht der Konstruktion erreicht wird. Die Figur mit drei Standbeinen ähnelt zwei Strichmännchen, deren Haltung nicht zu entnehmen ist, ob sie sich gegeseitig halten oder eines das andere schubst. Die dualistische Komponente der Skulptur wird infolge des Gegensatzes zwischen den hölzernen Bohlen und den eisernen Gabeln, durch die sie verbunden sind, verstärkt. Lars Klaaßen

Galerie G 7, Oranienburger Str. 57–58, Mi.–So. 15 bis 21 Uhr. Die Ausstellung „verlassen sich“ läuft bis 1. September.