„Bis jetzt ist das ein Experiment“

■  Reinhard Bütikofer, Bundesgeschäftsführer der Grünen, will kein neues Strömungstheater in der Partei. Sie soll über Lager hinweg diskutieren

taz: Der Vorstand der Grünen-nahen Böll-Stiftung, Ralf Fücks, hat für den 28. August einiges an Parteiprominenz zu einem Treffen eingeladen. Wird das mehr als nur ein Kaffeekränzchen?

Reinhard Bütikofer: Wir wollen einfach gemeinsam darüber nachdenken, wie es mit den Grünen weitergeht. Das ist nicht ganz anspruchslos.

Man kann ja nicht gerade sagen, dass es den Grünen zur Zeit blendend geht. Woran krankt die Partei?

Ich will nicht den vielen langen Analysen eine Telefon-Kurzanalyse hinterherschicken. Wir müssen jetzt darüber reden, wie wir diesen Herbst nach vorne kommen. Hier ist einerseits die große Aufgabe des Atomausstiegs zu bewältigen. Ich fürchte zudem, die Landtagswahlergebnisse im Hebst werden deutlich machen, daß wir uns im Osten nur unzureichend verankern konnten.

Zur Zeit suchen ja alle nach der „Neuen Mitte“. Auch die Grünen?

Das Etikett wird auf alles geklebt. Jeder nimmt es in Anspruch und nur wenige wissen, was der andere damit meint. Darum kann ich auf dieses Etikett gerne verzichten. Es geht am 28. August nicht um irgendeine neue Organisation oder Strömung. Unsere Partei hat genug Organisationsformen. Wir wollen jetzt aus den Verbarrikadierungen heraus. Wir Grüne haben nach dem vielfach ausgerufenen Ende des Burgfriedens doch zwei Möglichkeiten: Entweder wir veranstalten jetzt wieder Strömungstheater, in dem alle fröhlich aufeinander einschlagen. Oder wir versuchen, Lagergrenzen zu überschreiten. Ich finde die zweite Variante attraktiver.

Vor rund zehn Jahren haben Grüne mit einer neuen Strömung, dem „Aufbruch“, versucht, die „Flügelhelden“ beseite zu räumen. Hat das Treffen am 28. August ein ähnliches Ziel?

Nein. Alle Parteihelden können ruhig schlafen. Der „Aufbruch“ ist gescheitert und wird keine Neuauflage erleben.

Was können wir aus der Auswahl der Gäste von Ralf Fücks schließen?

Es sind alles profilierte Leute, die an Nachdenken und Reflektieren interessiert sind. Und es sind Leute, die nicht nur innerhalb enger Strömungsgrenzen von Fundis und Realos machtpolitisch denken können, sondern für das gesamte Projekt arbeiten.

Beispielsweise mit Renate Künast haben Sie bei ihrem Zukunftstreffen ja auch Angehörige des linken Parteiflügels dabei. Warum sind keine Ultrafundis eingeladen?

Wir haben einfach keine interessanten Ultrafundis gefunden.

Weil keine mitmachen wollten oder weil es keine mehr gibt?

Ultrafundis sind inzwischen sehr dünn gesäht.

Die Grünen haben ja eine ganze Menge Gremien. Warum brauchen Sie einen Extrazirkel?

Es wird kein Zirkel, sondern eine offene Runde. In keiner Partei, und sicher nicht einmal in einem so kleinen Laden wie der taz, lässt sich alles in formellen Strukturen erörtern.

Werden Sie sich regelmäßig treffen?

Bis jetzt ist das ein Experiment. Wenn es sich als gut erweist, wird man nachdenken, wie man es gemeinsam mit weiteren Leuten fortführt. Interview: Georg Löwisch