■ Die neue Mitte der Grünen ist auch die alte

Wie sich die Sprüche gleichen. Vor mehr als einem Jahrzehnt gründete der damalige Bremer Landtagsabgeordnete Ralf Fücks gemeinsam mit Antje Vollmer den „Aufbruch 88“. Damals sagte er: „Die Grünen sind nicht mehr Träger der Hoffnung auf Veränderung, die sie früher mobilisiert haben.“ Jetzt, elf Jahre später ist Ralf Fücks Vorstandsmitglied der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung und lädt erneut ParteifreundInnen zu einem Strategietreffen nach Berlin. Und wieder verkündet er: „Es gibt genug Gründe, über Perspektiven nachzudenken.“ Machtpolitischen Anspruch habe die Gruppe nicht. Damals zumindest stimmte dies jedoch nicht. Fücks kandidierte für den Bundesvorstand der Partei und wurde auch gewählt.

Unter dem Motto „Der grüne Aufschwung kommt in Schwung“ trafen sich im Januar 1988 knapp 200 Grüne in Mainz. Ziel der Initiative war es, „die Fügel zurückzudrängen“. Fücks damals: „Realos und Fundis führten die Grünen in eine Sackgasse, weil sie die Partei vor falsche Alternativen stellten.“ Antje Vollmer sprach von einem Prozess der „Resignation, Ermattung und von langsamer Auszehrung“ der Partei. Lukas Beckmann rief dazu auf, das „Fundament“ und den Gründungskonsens der Partei neu zu formulieren. Ergebnis war ein „Manifest“, das die Initiatoren zur Urabstimmung in der Partei stellen wollten. Daraus wurde nichts. Das Parteischiedsgericht stoppte die Urabstimmung – sie sei nicht „rechtmäßig“.

Im Juni 1988 schrieb die taz: „Die grüne Farbe verblaßt. Gut fünf Jahre nach ihrem Einzug ins Bonner Parlament sind die Grünen kaum wiederzuerkennen.“ Elf Jahre später konstatiert die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Landtag, Renate Künast, dass „das Grün in der Politik wieder zum Leuchten gebracht werden muss“. Das will sie nun gemeinsam mit Ralf Fücks erreichen. Ein wichtiger Unterschied zwischen damals und heute ist jedoch: 1988 drohten die Grünen an der Polarisierung zwischen Fundis und Realos zu zerreißen. Heute geht es um eine Strukturreform. Ob sich die Teilnehmer des Strategietreffens in Berlin eines Tages für die Wahl eines oder einer einzigen Parteivorsitzenden einsetzen werden? Tina Stadlmayer