Deutsche wählen: Sofi safe oder Sofi live

■ Die Republik bereitet sich auf die Sonnenfinsternis vor – und will nicht arbeiten

Berlin (taz) – Wirklich wichtig sind in Deutschland nur Ereignisse, zu denen sich auch der DGB äußert. Pünktlich zu Beginn der Woche der Sonnenfinsternis hat das mittlerweile schon liebevoll zur „Sofi“ gekürzelte Ereignis den Stempel der Bedeutsamkeit erhalten. Sowohl die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Ursula Engelen-Kefer, als auch SPD-Fraktionschef Peter Struck nahmen eine Auszeit von finsteren Sommerlochthemen wie Ladenschluss und Steuerreform. Sie appellierten gestern an Deutschlands Arbeitgeber, ihren Beschäftigten für die Zeit der Sonnenfinsternis am kommenden Mittwoch freizugeben.

BMW und Daimler Chrysler zeigten sich kooperativ. Für eine halbe Stunde stehen dort die Fließbänder still oder es werden die Pausen in die Sonnenfinsternis verlegt. Keinen Sinn für die astronomische Schaulust seiner MitarbeiterInnen hat dagegen McDonald's. „Wir gewähren keine Freizeit, unsere Gäste wollen schließlich bedient werden wie immer,“ teilte ein Firmensprecher der Fast-Food-Kette mit.

Der Deutsche Wetterdienst dagegen kümmert sich aufopferungsvoll um die Sonnenanbeter. Seit mehreren Tagen prognostiziert er auf seiner Website das „Eklipse-Wetter“. Drei Tage vor dem großen Ereignis macht hier Diplom-Meterologe Kalli Nottrodt Mut: Wahrscheinlich werde sich die zu befürchtende Kaltfront gerade noch rechtzeitig verziehen.

Bei bedecktem Himmel oder gar Regen bleiben die Showeffekte der Sonnenfinsternis dem menschlichen Auge verschlossen (von der zunehmenden Dunkelheit einmal abgesehen). Freuen würden sich dann nur noch diejenigen, die in den letzten Tagen vergeblich versucht haben, eine der vielfach empfohlenen Spezialbrillen zu erstehen. Nachdem selbst die Bundesgesundheitsministerin vor den Gefahren einer ungeschützten Sonnenschau gewarnt hatte, avancierten die Pappgestelle mit spezialbeschichteter Silberfolie in kürzester Zeit zum „bestverkauftesten Einzelartikel neben dem Tamagotchi“, so der Vertreter einer großen Drogeriekette in München.

Doch der Nachschub fehlt, und das trübt die Vorfreude, vor allem die der Kinder. Ihre Netzhaut ist besonders empfindlich. Beim ungeschützten Blick nach oben können sie sogar erblinden, so die unheilvolle Warnung. In Nordrhein-Westfalen droht deshalb am Mittwoch allen Schülern, die ohne Schutzbrille zum Unterricht erscheinen, die Ausgangssperre – keine Sofi-Pause! Einziger Trost: Statt Sofi live gibt es für sie Sofi safe am Bildschirm. So wird etwa die ARD im Fernsehen und auf ihrer Website Aufnahmen eines Sonnenteleskops von der Sternwarte in Welzheim zeigen. Für alle Spezialbrillenträger, die vor Ort gen Himmel blicken, liefert die Sonnenfinsternis-Site des SWR-Survival-Tipps: „Denken Sie daran, dass Sie durch diese Brille von Ihrer Umgebung nichts erkennen. Bewegen Sie sich also vorsichtig (Sturzgefahr!).“ Michaela Kirschner