Kosovska-Mitrovica – eine geteilte Stadt

Die Auseinandersetzungen zwischen serbischen und albanischen Bewohnern eskalierten am Wochenende. Sorgen die französischen KFOR-Truppen für die Verfestigung des Status quo?  ■    Aus Pristina Erich Rathfelder

Am Wochenende ist es in Kosovska-Mitrovica zu den bisher härtesten Auseinandersetzungen zwischen der serbischen und der albanischen Volksgruppe gekommen. Am Samstag versuchten 200 bis 300 Albaner eine Brücke zu überqueren, um in den von Serben besetzten Nordteil der Stadt vorzudringen. Es kam zu einem Gerangel mit Soldaten der französischen KFOR-Truppen, während serbische Demonstranten Steine auf die vorrückenden Albaner warfen. Schließlich wurde die Gruppe der Albaner abgedrängt. Mitglieder der UÇK versuchten die Gemüter zu beruhigen.

Nach dem Einmarsch der Nato im Juni und vor der Rückkehr der albanischen Bevölkerung aus den Flüchtlingslagern hatte sich die serbische Bevölkerung im Nordteil Mitrovicas, dem modernen und weitgehend unzerstörten Zentrum der Stadt, konzentriert. Unter Anleitung von im Kosovo gebliebenen serbischen Polizisten in Zivil versucht die serbische Bevölkerung seither, albanische Bewohner an der Rückkehr in ihre Häuser zu hindern. Die Brücke ist seitdem auch die Grenze, die beide Stadtteile trennt.

Serben, die eigentlich im Südteil wohnen, sind in den Nordteil übergesiedelt, da sie ihrerseits Attacken von albanischer Seite befürchten müssen. Es ist schon seit Wochen zu Übergriffen auf serbische Zivilisten gekommen. Die albanische Volksseele kocht, da die Hauptstraßen im Südteil der Stadt von der jugoslawischen Armee systematisch zerstört worden sind. Die albanischen Bewohner, die früher im Nordteil der Stadt gewohnt haben – vor ihrer Deportation im März dieses Jahres, gab es auch hier eine albanische Bevölkerungsmehrheit – fordern vehement, dass sie zurückkehren können. Für sie ist es deshalb unverständlich, dass die französischen Truppen die serbischen Demonstranten an der Brücke nicht zurückweisen. Die Serben wiederum fürchten, würden die Albaner zurückkommen, um ihre Sicherheit. Sie fordern von den Franzosen, den Status quo zu erhalten, bis eine allgemeine Übereinkunft erzielt ist. Die Folge dieser ganzen Verwicklung ist die faktische Teilung der Stadt.

Die französischen KFOR-Truppen versuchen zwar, albanischen Rückkehrern wenigstens den Besuch ihrer Wohnungen zu ermöglichen. Außer, dass diese einen Teil ihres persönlichen Besitzes – soweit nicht gestohlen – in den anderen Teil der Stadt bringen können, haben diese Maßnahmen jedoch nichts gebracht. Die KFOR-Truppen können auch nicht jede Wohnung bewachen, der Schutz des im serbisch besetzten Viertel liegenden Krankenhauses bindet ohnehin schon viele Kräfte.

Die Franzosen suchen nach einer politischen Lösung. Tatsächlich ist es zu Gesprächen zwischen „moderaten“ Kräften beider Seiten gekommen. Es wurde sogar schon einmal ein Abkommen unterzeichnet, das aber nach dem Mord an 14 Serben in dem Dorf Gradsko von serbischer Seite wieder aufgekündigt wurde. „Wir hoffen dennoch darauf, dass sich beide Seiten einigen können“, erklärte Colonel Tanguy in Mitrovica.

Die Frage nun, ob die Hoffnungen gerechtfertigt sind, kann solange nicht beantwortet werden, solange die französischen KFOR-Truppen nur als Zuschauer fungieren. Bis jetzt zeichnet sich keine Strategie ab, wie die KFOR-Truppen und die UN-Verwaltung vorgehen wollen. Die Teilung der Stadt könnte sogar ein Beispiel dafür sein, serbische Enklaven im Kosovo zu bilden und durch die KFOR-Truppen absichern zu lassen. Würde also die internationale Gemeinschaft die Teilung der Stadt akzeptieren, müsste sie dies auch in Bezug auf andere Gemeinden tun, in die sich die serbische Bevölkerung zurückgezogen hat. Eine solche Strategie jedoch würde die individuellen Rechte der Rückkehrer verletzen, ethnische Säuberungen würden auf beiden Seiten legitimiert und damit die ursprünglichen Ziele der Nato-Aktion im Kosovo konterkariert.