Verwaltung heute
: Erfolgreiche Bürokratenschmiede

■ Studiengang „Wirtschaft und Verwal-tung“ will Nachholbedarf befriedigen

Bei Hans-Jürgen Busse, Leiter des „Europäischen Studiengangs Wirtschaft und Verwaltung“ (ESWV) steht das Telefon nicht mehr still: Das Studienfach – an der Bremer Hochschule 1994 als Modellstudiengang ins Leben gerufen – kommt nach seinen Angaben bei Institutionen und Unternehmen so gut an, „dass unsere Absolventen gar nicht schnell genug fertig werden können“. „Die Nachfrage nach umfassend ausgebildeten Verwaltungsfachleuten mit Auslandserfahrung ist so groß, dass wir ohne Probleme einen ganzen Jahrgang von rund 40 Studenten am Arbeitsmarkt unterbringen könnten“, versichert Busse.

Das Erfolgsrezept der Bremer Verwaltungsfachleute ist eine Kombination aus Staats- und Verwaltungsrecht mit den betriebswirtschaftlichen Elementen der modernen Unterneh-mensführung. „Die Kommunen erkennen, dass für eine finanziell erfolgreiche Führung betriebswirtschaftliche Vorge-hensweisen notwendig sind“, erklärt der Hochschullehrer. Durch den europäischen Einigungsprozess würden außerdem zunehmend Verwaltungsspezialisten gesucht, die sich in der Politik der EU auskennen. Und genau in diese Lücke stößt der Studiengang. In acht Semestern befassen sich die Studenten mit Recht, Betriebswirtschaft, Personalmanagement, Europapolitik und Sprache.

Schwerpunkte sind wählbar aus den Fächern Rechnungswesen, Wirtschaftsförderung, Unternehmensführung, Steuer und Sozialmanagement. Europa erleben sie ein Jahr lang an Partneruniversitäten unter anderem in Frankreich, Schottland, den Niederlanden und in der Schweiz. Neben dem Auslandsaufenthalt mit Praktikum ist auch ein Inlands-Praxissemester obligatorisch, das in der Verwaltung oder in der Privatwirtschaft absolviert werden muss. „Und mit diesem Angebot ist der Studiengang einmalig. Vergleichbare Ausbildungsgänge gibt es nur in Berlin, Halberstadt und Osnabrück – doch keine andere Hochschule richtet sich speziell auf Europa aus“, betont Busse.

Dörte Spatz, Absolventin des Modell-Jahrgangs: „Wir sind nicht auf eine verwaltungsfachliche Laufbahn im öffentlichen Dienst festgelegt, sondern können auch in der Wirtschaft arbeiten – sowohl in Deutschland als auch im Ausland.“ Nach ihrem Abschluss im vergangenen Herbst fand sie eine Stelle im Referat des Bremer Wirtschaftssenators und kümmert sich nun um die Erschließung von Gewerbeflächen. Für sie ist das kein unbekanntes Feld, denn auf dem ESWV-Stundenplan steht auch Stadtentwicklung.

Häufig ergeben sich aus den vielfältigen Kontakten in Behörden und Privatwirtschaft schon die ersten Berufserfahrungen für die Studenten. Die 25-jährige ESWV-Studentin Alexandra Meyer erstellt beispielweise für die niedersächsische Gemeinde Lilienthal zum ersten Mal eine Kostenrechnung für Kindergärten – und merkt in der Praxis, dass Behörden viel Nachholbedarf auf dem Weg zum Dienstleister haben. „Ämter und Gemeinden lernen langsam, ihre Leistung als Produkt einzuordnen und zu vermarkten. Ob es um die Auslagerung von städtischen Betrieben geht, Kulturmanagement oder Unternehmensberatung – das ist ein riesiges Betätigungsfeld für die Zukunft“, hat Meyer festgestellt. Im Oktober beginnt der erste reguläre Studiengang mit 30 bis 40 Studenten. Larissa Scheler, dpa