Britische Muslime im Jemen verurteilt

Angebliche Islamisten sollen Anschläge geplant haben. Beobachter berichten von „chaotischer“ Prozessführung. Britische muslimische Gemeinden kritisieren den mangelnden Einsatz ihrer Regierung  ■   Von Karim El-Gawhary

Kairo (taz) – Der Fall hätte kaum verzwickter sein können. Eine Gruppe britischer Muslime arabischen Ursprungs steht im Jemen vor Gericht unter dem Vorwurf, Anschläge auf westliche Einrichtungen, unter anderem auf das britische Konsulat in Aden geplant zu haben.

Der bizarre Prozess fand gestern in der jemenitischen Hafenstadt Aden ein Ende. Neun britische Staatsbürger wurden für schuldig befunden, eine bewaffnete terroristische Gruppe gebildet und Anschläge in dem arabischen Land geplant zu haben. Dafür wurden zwei von ihnen zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, zwei zu fünf und einer zu drei Jahren. Drei dürfen nach Hause reisen, weil ihre Strafe mit der Untersuchungshaft abgegolten ist. Ein vierter Brite befand sich wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustandes bereits gegen Kaution auf freiem Fuß. Zwei ebenfalls in dem Prozess angeklagte Algerier wurden zu je fünf Jahren Haft verurteilt.

Der Vorsitzende Richter Dschamal Muhammad Omar stimmte damit im wesentlichen der Argumentation der Anklage zu. Fünf der Verurteilten waren im vergangenen Dezember festgenommen worden, nachdem die Polizei zwei Hotelzimmer und eine Villa durchsucht hatte und dort nach eigenen Angaben jede Menge Sprengstoff, Panzerminen, Uniformen und Masken gefunden hatte. Drei weitere Briten wurden im Februar festgenommen.

Ziel der Gruppe soll es laut den jemenitischen Behörden gewesen sein, in Aden Anschläge auf das britische Konsulat, ein Fünfsterne-Hotel, einen Nachtclub und eine Kirche zu verüben. Im Lauf des Verfahrens hatte die Anklage die angeblich bei den Beschuldigten gefundenen Waffen gezeigt und einen Videoclip vorgeführt, in dem einige der Angeklagten beim Posieren mit Waffen zu sehen sind. Die Verurteilten sollen von dem in Großbritannien lebenden militanten Islamisten Abu Hamsa ausgesandt worden sein. Einer der Verurteilten ist dessen Sohn, ein anderer sein Stiefsohn. Als Beweisstück legte die Anklage ein Satellitentelefon vor, mit dessen Hilfe die Verurteilten Abu Hamsas Instruktionen aus London empfangen haben sollen. Der Jemen fordert seit längerem die Auslieferung Abu Hamsas.

Laut Anklage sollen die Verurteilten auch in Verbindung zu einer Gruppe militanter jemenitischer Islamisten namens Aden-Abyan-Gruppe gestanden haben. Die Gruppe habe sie militärisch ausbilden und bei ihren Operationen unterstützen sollen. Die Gruppe geriet im vergangenen Sommer in die Schlagzeilen, als deren Führer Abu Hassan in einer Erklärung die angeblich von dem saudischen Islamisten Usama Bin Laden geplanten Anschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania für gut geheißen hatte. Im Dezember machte die Gruppe mit der Entführung von 16 westlichen Touristen erneut von sich reden. Bei einer von den jemenitischen Sicherheitskräften verpatzten Befreiungsaktion waren damals drei britische und ein australischer Tourist getötet worden. Abu Hassan wurde im Mai von einem jemenitischen Gericht zum Tode verurteilt.

Internationale Prozessbeobachter hatten das Verfahren von Beginn an als chaotisch beschrieben. Am ersten Prozesstag war es zu tumultartigen Szenen gekommen, als die Angeklagten den anwesenden Journalisten zuriefen, sie seien in Haft geschlagen und sexuell missbraucht worden. Sie seien in den Jemen gereist, um Arabisch zu lernen, erklärten sie, und die von der Anklage vorgelegten Geständnisse seien unter Gewaltanwendung zustande gekommen. Ein Vorwurf, den der Richter in seinem Urteilsspruch zurückwies. Mit besonderem Interesse wurde der Fall in den muslimischen Gemeinden in Großbritannien verfolgt. Dort fürchtet man, dass die Angelegenheit negative Auswirkungen auf das eigene Image haben könnte. Prominente britische Muslime warfen ihrer Regierung vor, nicht genug im Interesse der Angeklagten interveniert zu haben. Wären die britischen Staatsbürger nicht arabischen Ursprungs, dann hätte das Außenministerium in London Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um sie frei zu bekommen, meinten sie.

Nach einem unbestätigten Bericht der Londoner Tageszeitung Times, sollen die jemenitischen Behörden der britischen Regierung vorgeschlagen haben, dass die Verurteilen ihre Strafen in Großbritannien absitzen könnten. Doch Vertreter von Scotland Yard sollen abgewunken haben. Begründung: In Großbritannien würden die Verurteilten nicht einmal zum Verhör vorgeladen, da die Beweislage zu dünn sei.