Finanzminister bestätigt Steuerplus

Den Fiskus überraschte der Einnahmenzuwachs von 20 Milliarden Mark oder zehn Prozent im ersten Halbjahr nicht. Anders als in den USA sind Rückzahlungen an die Bürger vorerst nicht zu erwarten    ■ Von Christian Füller

Berlin (taz) – Die Nachricht kam nur scheinbar überraschend. In den Zeiten des Sparens und der immer tiefer werdenden Haushaltslöcher hieß es plötzlich: Der Staat ist reich! Die Steuereinnahmen im ersten Halbjahr 1999 seien gestiegen – und zwar um 20 Milliarden Mark gegenüber dem Vorjahr 1998. Das bestätigte gestern derSprecher von Finanzminister Hans Eichel (SPD) in der Regierungspressekonferenz. Die Bundesrepublik hat in den ersten sechs Monaten des Jahres reichlich Steuergelder in die Kasse bekommen – aber das Geld ist schon verplant, leider, so der Sprecher. Die Einkünfte nämlich hatte der Arbeitskreis Steuerschätzung, der alljährlich zweimal die Kassenlage des Bundes prognostiziert, bereits im Mai angekündigt.

Auch bei steigenden Steuereinnahmen gibt es feine Unterschiede, merkte der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Herbert Hax, gegenüber der taz an. Steigen die Einkünfte von Vater Staat im Vergleich zum Vorjahr, dann ist das erfreulich, aber nicht sonderlich aussagekräftig. Würde der Fiskus deutliche Überschüsse im Vergleich zur Steuerschätzung erzielen, dann wäre das sensationell.

Die Steuerschätzer hatten im Mai vorhergesagt, der Bund werde 1999 rund neun Prozent höhere Steuereinnahmen verbuchen, insgesamt wurden 372 Milliarden für Eichels Habenseite veranschlagt. Nun beläuft sich das tatsächliche Einnahmeplus auf rund zehn Prozent. Alles im Lot also. Vereinzelt vermelden die Finanzämter zwar Zuwächse von fünfzig Prozent. Aber auch da empfiehlt der oberste Wirtschaftsweise Geduld: Erst mal abwarten, wie die Bilanz am Ende des Jahres ausfällt.

Die Verantwortung für das Plus trägt ein Verfemter – Oskar Lafontaine. Der Kurz-Finanzminister hatte im März nicht nur für Steuerentlastungen in seinem „Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002“ gesorgt. Lafontaine war es, der einen ersten Schritt unternahm, den Dschungel der Steuervergünstigungen zu lichten. Laut Hax, dem Vorsitzenden des gesamtwirtschaftlichen Sachverständigenrats, dürfte der Wegfall von Abschreibungsmöglichkeiten der eintscheidende Grund für die Einnahme-Hausse sein.

Der Unions-Abgeordnete Friedrich Merz zog seine eigenen Schlüsse aus dem Einnahmeplus. Wie die Opposition in den USA verlangte auch Merz, „das Geld den Bürgern sofort über Steuersenkungen zurückzugeben.“ 250 Mark müsse jeder Bundesbürger rein rechnerisch in seinen Geldbeutel zurückbekommen.

„Das ist mir ein bisschen zu schnell geschossen“, beruhigt Herbert Hax den CDU-Mann. „Schulden haben wir noch genug“, sagte Hax der taz, erst müssten diese Verbindlichkeiten abgebaut werden. Von einer Einmalzahlung riet der Wirtschaftsweise ab: „Sonst verpufft das sofort“.

Die US-Bürger erwarten hingegen eine echte Steuererleichterung. Weil erstmals seit 1835 ein ausgeglichener Haushalt erreicht wird, beschlossen die Kammern des US-Parlaments mit republikanischer Mehrheit Kürzungen in Höhe von 792 Milliarden Dollar – gestreckt über zehn Jahre. Sämtliche Steuersätze sollen um ein Prozent gesenkt werden. Präsident Clinton hat bereits sein Veto angekündigt. Er findet, es genüge, den Steuerzahlern weniger zurückzugeben – nur 250 Milliarden Dollar.