Querspalte

■ Monomond

 Vor ein paar Jahren bin ich aus der Gewerkschaft ausgetreten. Warum? Wahrscheinlich zu teuer. Oder weil dieser dekadente Edelmetaller Steinkühler mit Aktien gedealt hatte, bevor Ron Sommer es dann allen „Sozialpartnern“ erlaubte. Womöglich, weil Streikposten keine Maschinenpistolen mit Trommelmagazinen tragen, sondern Plastikleibchen in Neonfarben. Oder war es wegen des brachialen ÖTV-„Lächelns“ von Monika Wulf-Mathies? Nach einem nicht mit mir abgesprochenen Warnstreik bei der Straßenbahn? Weil eine einzige HBV-Demo menschenverachtendere Reime hervorbringt als ein Sack voller Karnevalisten? Es gibt tausend Gründe. Meiner fällt mir gerade nicht ein. Denn ich versacke soeben in Dankbarkeit.

 DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer hat nämlich an Deutschlands Unternehmer appelliert, ihren Beschäftigten für die Zeit der Sonnenfinsternis frei zu geben. Zu klassischen Errungenschaften der Arbeiterbewegung wie Frühstücks-, Zigaretten-, Menopause, Jürgen Kohler, 35-Stunden-Woche oder 24-Stunden-Tag käme damit nun auch noch die kernschattenfreie Mittagszeit, das heißt, wenns plötzlich draußen dunkel wird, bräuchte niemand mehr zu arbeiten. Engelen-Kefer bittet, Arbeitgeber sollten „ein Auge zudrücken“. Das klingt nach einem kleinen Gefallen. Doch wenn das Kapital dergleichen täte, dann sähe es die Finsternis ja nur noch mono. Von wegen, denen auf der Sonnenseite würden keine Opfer abverlangt!

 Auch der derzeit unvermeidliche SPD-Fraktionschef Struck will die solar-lunare Gerechtigkeitslücke versiegeln: „Der Mensch“ könne nur einmal im Leben „eine richtige Sonnenfinsternis“ bewundern. Daher sollten sich die Bosse „einen Ruck“ geben. Der Klassenkampf, er ist nicht tot. Und das Gegenteil von Rudolf Breitscheid ist immerhin noch ein dünnes Brett. André Mielke