Altersvorsorge im Spagat

■ Regierung sucht Kompromiss bei Besteuerung von Lebensversicherungen

Berlin (taz/dpa/rtr) – Sollen Kapitalerträge aus Lebensversicherungen künftig steuerpflichtig sein oder nicht? Das Finanzministerium hat gestern einen Kompromiss vorgeschlagen: Mit Inkrafttreten eines neuen Gesetzes, das am 25. August dem Kabinett vorgelegt werden soll, werden zwar die Auszahlungen aus Lebensversicherungen mit mindestens 12 Jahren Laufzeit – Zinsen, Dividenden, Kursgewinne – steuerpflichtig. Ein Freibetrag von 30.000 Mark, der einmalig bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden kann, soll davon jedoch ausgenommen werden. Keine Steuern zahlt weiterhin auch, wer sich sein Kapital als monatliche Rente überweisen lässt.

Mit diesem Schritt versucht die Regierung einen Spagat zwischen ihrem Ziel einer „Gleichbehandlung aller Kapitalanlageformen“ einerseits und ihrem Anspruch, die private Eigenvorsorge zu fördern andererseits. So jedenfalls begründet sie den Freibetrag: Die Bürger sollen einen Teil ihres altersbedingten Kapitalbefdarfs decken können – durch altersgerechten Wohnungsumbau, die Entschuldung von Wohneigentum oder den „Einkauf in ein Heim“.

Wo aber genau verläuft die Grenze zwischen Altersvorsorge und Kapitalanlage ? „Das wird im Einzelnen noch zu regeln sein“, sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel, der taz. „Deshalb wollen wir mit dem Gesetz auch nicht in bereits laufende Verträge eingreifen. Junge Familien, die ihre Lebensversicherung zur Schuldentilgung beim Immobilienkauf verwenden, betreiben damit ja auch in gewissem Sinne Altersvorsorge.“

Die bevorzugte Behandlung von Lebensversicherungen gegenüber anderen Formen der Kapitalanlage sei eine staatliche Subvention privater, gewinnorientierter Aktiengesellschaften, hatten Kritiker wie der Bund der Versicherten schon seit längerem bemängelt. Dabei sei diese Kombination von Geldanlage und Versicherung als Alterversorgung sowieso viel zu unflexibel, unrentabel und undurchsichtig. kk